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Maßloser Flächenverbrauch durch Gewerbegebiete - BUND stellt bundesweit einmalige Studie zu Ursachen und Alternativen vor

01. September 2005 | BUND

Der zunehmende Flächenverbrauch wird immer deutlicher als Ursache vieler Natur- und Umweltprobleme in Deutschland erkannt. Zwar wurden laut Statistischem Bundesamtes in den vergangenen Jahren pro Tag weniger Flächen bebaut, aber der Flächenfraß pro Einwohner steigt weiter an. Inzwischen hat sich die Bundesregierung das ehrgeizige Ziel gesetzt, den täglichen Flächenverbrauchs in Deutschland von derzeit 93 Hektar auf 30 Hektar (2020) zu verringern. Viele Landesregierungen verfolgen ein ähnliches Ziel. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) belegt in seiner aktuellen Studie „Gewerbeflächenausweisung und Flächenverbrauch – Beitrag zur naturverträglichen Siedlungsentwicklung“ mit bundesweit einmaligen Analysen und Luftbildern die Schlüsselrolle, die den Gewerbegebieten beim Flächenverbrauch zukommt.

Der BUND hat exemplarisch 51 Gebiete in Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen untersucht. Dabei wurden insbesondere die Einhaltung regional- und landesplanerischer Ziele bei der Ausweisung der Gewerbegebiete überprüft und die durch den Flächenverbrauch entstandenen Folgen für die Schutzgüter und die Lebensqualität der Menschen analysiert. Nur elf der Beispiele wurden aufgrund von gelungenen Konversionen und Umnutzungen von bereits bestehenden Flächen positiv eingeordnet, 40 Flächen mussten dagegen als negative Beispiele gewertet werden. Die Studie leitet aus den Fallbeispielen Gesetzmäßigkeiten ab, die bundesweit bei Gewerbegebietsausweisungen auf¬treten, und zeigt umweltverträgliche Lösungen auf. Die zweibändige Broschüre wurde vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert.

Wie die negativen Beispiele zeigen, gelingt es Investoren leicht, die Bauleitpläne oder Regionalpläne in ihre gewünschte Richtung ändern zu lassen. Vorschläge für Alternativflächen werden häufig nicht akzeptiert, selbst wenn diese bereits erschlossen und gut angebunden sind. Gerade größere Unternehmen bevorzugen die grüne Wiese als Standort. Entgegenstehende Pläne werden im Parallelverfahren angepasst. Weiche Faktoren wie den Schutz von Boden, Klima oder Landschaftsbild stufen die Kommunen oft ohne Begründung als nachrangig ein. Ein großes Gewicht hat das Argument der Schaffung von Arbeitsplätzen, ohne dass überprüft wird, ob durch das Gewerbegebiet auch tatsächlich neue Stellen geschaffen oder Jobs nur verlagert wurden.

Gewerbeparks werden ursprünglich für störende Gewerbebetriebe ausgewiesen, doch mittlerweile finden sich dort häufig Einzelhandel, Bürobauten oder sogar Arztpraxen. Mit den vielen kostenlosen Parkplätzen werden Kunden aus der Innenstadt abgeworben. Die Erschließung nicht ausgelasteter Gewerbegebiete bezahlen die öffentlichen Haushalte, subventioniert werden sie durch die Allgemeinheit. Doch weiterhin konkurrieren die Kommunen, Landkreise und Bundesländer um Betriebsansiedlungen und um neue Gewerbegebiete, auch wenn die schwache Konjunktur den Prozess verlangsamt hat.  Zwar werden Schutzgebiete bei der Ausweisung von Gewerbegebieten noch verschont, doch Biotopverbundflächen, Erholungslandschaften, klimatisch bedeutsame Gebiete und historische Kulturlandschaft werden weiter zerschnitten und entwertet. Rasches Handeln ist nötig. Denn sobald sich die Konjunktur erholt hat, droht ein schneller Anstieg des Flächenverbrauchs.

Eine bessere Entwicklung der Innenstädte lässt sich nur durch die Begrenzung der Gewerbegebiete erreichen. Denn Betriebe in den Innenstädten unterliegen stärkeren Beschränkungen und müssen ihre Produkte teurer vermarkten als Firmen, die auf die grüne Wiese ausweichen. Eine angemessene Kostenverteilung würde für mehr Gerechtigkeit  im verzerrten Wettbewerb zwischen den Standorten sorgen. Auch die demographische Entwicklung wird derzeit nicht ausreichend berücksichtigt: Mit knappen Steuermitteln werden heute die Erschließungsstraßen für die Altlasten von Morgen finanziert. Deshalb müssen die stagnierenden und rückläufigen Bevölkerungszahlen auf allen Planungsebenen genauso berücksichtigt werden wie das bereits vorhandene Gewerbeflächenpotenzial. Ziele müssen kompakte Siedlungen mit abgestuften Funktionen je nach Zentralität sein, mit kurzen Wegen und funktionierendem öffentlichen Nahverkehr. Nur so können ausreichend Erholungsbereiche für die Allgemeinheit, wertvolle Böden, Wasservorräte und andere Ressourcen sowie ein tragfähiges Biotopverbundsystem wirkungsvoll geschützt werden. 

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