Frankfurt am Main/ Erfurt. Die BUND Landesverbände Hessen und Thüringen haben mit Erleichterung auf die Absage des Regierungspräsidiums Kassel (RP Kassel) an die Einlagerung von Salzabwässern in das frühere Kaliwerk Springen reagiert. Das Regierungspräsidium führt als Begründung Risiken für die größte europäische Sondermülldeponie in Herfa-Neurode an. Darauf hatte der BUND in der Vergangenheit mehrfach hingewiesen und eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert.
Jörg Nitsch, Vorsitzender des BUND Hessen: „Bei der Sicherheit der Sondermülldeponie Herfa-Neurode dürfen keine Abstriche gemacht werden. Hier lagern rund 2,7 Millionen Tonnen hochgiftige Industrieabfäl-le. Bei einer Einstapelung von Laugenabwässern kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Salzpfeiler, die das Bergwerk stützen, sich lösen und langfristig zerstört werden. Das kann Gebirgsschläge zur Folge haben. Bei einer Havarie bedrohen die dort gelagerten Gifte über die Flüsse Werra und Weser sogar die Nordsee!“
Robert Bednarsky, Vorsitzender des BUND Thüringen, fordert von der Thüringer Landesregierung eine umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben: „Die Einstapelung in das frühere Kaliberg-werk Springen darf nicht zu einem Experiment mit ungewissem Ausgang für Menschen und Umwelt im Werrarevier werden. Wir können uns keine weitere Verantwortungslosigkeit leisten, wie sie sie bereits bei der Laugenverpressung in den Untergrund erfolgt ist.“
Das Unternehmen K+S hatte geplant, Produktionsabwässer des Werkes Werra ab Sommer 2022 über eine untertägige Rohrleitung in der Grube Springen einzustapeln. Rund 1,4 Millionen Kubikmeter Salzabwässer pro Jahr sollten auf diesem Weg entsorgt werden. „Die Möglichkeit einer erneuten Versenkung des Salzwassers in den Untergrund oder eine Steigerung der Salzwasserbelastung der Werra ist nicht gegeben“, so Nitsch weiter. „Der Bewirtschaftungsplan Salz schreibt die geltenden Grenzwerte für Salz in der Werra vor, die nicht überschritten werden dürfen. Damit entsteht ein Entsorgungsengpass, der täglich größer wird.“
Für den BUND ist das Entsorgungskonzept von K+S damit gescheitert. Bednarsky: „Nun ist eingetreten, wovor wir immer gewarnt haben. Das Entsorgungskonzept steht seit Jahren auf wackeligen Beinen. Nun ist es zusammengebrochen.“
Eine Möglichkeit der Schadensbegrenzung sieht der BUND in dem Versatz der festen Salzabfälle in die Salzbergwerke. „Wenn die Produktionsabfälle nicht mehr länger aufgehaldet würden, sondern wieder unter die Erde verbracht, würde zumindest die Menge salzhaltiger Abwässer nicht mehr steigen“, so Nitsch.
Hintergrundinformationen:
Offener Brief von Dr.habil. Ralf E. Krupp vom 10.05.2021 zum Risiko der Einstapelung in Springen: https://nc.bund-hessen.net/index.php/s/Hd7pyJ5GzdAbQer
Entsorgungskonzept Salzabwasser: Die Entsorgung der salzhaltigen Abwässer ist im „Bewirtschaftungsplan Salz 2021-2027“ und im zugehörigen „Maßnahmenplan Salz 2021-2027“ (https://flussgebiete.hessen.de/information/dokumente-weser-2021-2027) geregelt, den die Umweltminister*innen der Bundesländer Bayern, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Thüringen Ende 2021 beschlossen haben. Die Erstellung der Pläne ist eine Pflichtaufgabe aus der EU-Wasserrahmenrichtlinie.
Nach den amtlichen Dokumenten muss K+S aktuell 4,9 Millionen Kubikmeter Salzabwasser entsorgen, von denen 1,7 Millionen Kubikmeter als Betriebsabwasser bei der Kaligewinnung und 3,2 Millionen Kubikmeter als Haldenabwasser anfallen.
Dazugehörige Tabelle: Tab. 5.3: Aktuelle Entwicklung und Prognose der Produktions- und Haldenabwässer im Vergleich zu den prognostizierten Mengen im MNP Salz 2015 bis 2021
(abrufbar unter: https://nc.bund-hessen.net/index.php/s/JAsNKrsCrATmKZn)
Bis Ende 2027 sollten alle Betriebsabwässer im früheren Kalibergwerk Springen eingestapelt werden und die Werra nicht mehr belasten. Auf diese Planung ist die Abnahme der Salzgrenzwerte im rechtsverbindli-chen Bewirtschaftungsplan ausgelegt.
Da die Einstapelung in Springen nun nicht beginnen kann, müssten die Betriebsabwässer weiter durch Ein-leitung in die Werra entsorgt werden. Diese Entsorgung kollidiert jedoch mit den künftig geltenden Grenz-werten für Salz in der Werra (Abb.: 5.3, 5.4, 5.5; Quelle: Bewirtschaftungsplan Salz 2021-2027, S. 5-17 + 5-18).
Dazugehörige Abbildungen:
Abb. 5.3: Festgelegte Zielwerte und Werte zur Überprüfung für die Pegel Gerstungen und Boffzen hinsichtlich der Chloridkonzentrationen
(abrufbar unter: https://nc.bund-hessen.net/index.php/s/eAMf9qBqZRdwKks)
Abb. 5.4: Festgelegte Zielwerte und Werte zur Überprüfung für die Pegel Gerstungen und Boffzen hinsichtlich der Magnesiumkonzentrationen
(abrufbar unter: https://nc.bund-hessen.net/index.php/s/NY3P69NyQKxQTBj)
Abb. 5.5: Festgelegte Zielwerte und Werte zur Überprüfung für die Pegel Gerstungen und Boffzen hinsichtlich der Kaliumkonzentrationen
(abrufbar unter: https://nc.bund-hessen.net/index.php/s/ESBeHMf5Te6Dm2e)
Die Einstapelung in das frühere Kalibergwerk Springen sollte nach früheren Planungen schon ab 2021 er-folgen. Bereits im Bewirtschaftungsplan 2015-2021 wird aber auch auf zahlreiche unklare Sicherheitsfragen dieses Vorhabens hingewiesen. Im Bewirtschaftungsplan Salz 2021-2027 wird von einer Verschiebung der Einstapelung „mindestens bis zum Sommer 2022“ ausgegangen. Mit der Absage des RP Kassel wird es aber überhaupt keine Einstapelung in Springen geben.