Landesverband Thüringen e.V.
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Landesversammlung 2022

Samstag den 22.10.2022 in Erfurt

Einladung & Co

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Einladung

Der russische Angriff auf die Ukraine hat viele vermeintliche Sicherheiten in Deutschland und Europa erschüttert. Und er fällt in eine ohnehin krisengeschüttelte Zeit. Der Krieg und seine Folgen, insbesondere für die Energieversorgung und die Ernährungssicherheit, führen uns die Versäumnisse der vergangenen Jahre deutlich vor Augen. Mehr denn je sind wir als Verband gefragt, das Handeln von Entscheidungsträger*innen in Regierung und Opposition sowie in Wirtschaft und Gesellschaft an den Zielen der Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Klimaneutralität zu messen.

Maßnahmen des akuten Krisenmanagements dürfen langfristig keine negativen Auswirkungen auf Menschen in anderen Regionen der Erde oder zukünftigen Generationen haben. Für den Weg aus der Krise brauchen wir ein neues Miteinander: soziale Sicherheit und ökologische Verantwortung müssen gemeinsam gedacht werden, um langfristig politisch und gesellschaftlich handlungsfähig zu bleiben. Gemeinsam mit den Thüringer Sozialverbänden wollen wir die Grundlagen für eine sozial-ökologische Politik der Zukunft schaffen.

Ob Klimakrise oder Armut, ob Wohnungsnot oder Artensterben, ob Ressourcenverschwendung oder Pflegekrise – wir stehen vor sozial-ökologischen Herausforderungen, deren politische und gesellschaftliche Bearbeitung keinen Aufschub erlaubt. In unserer diesjährigen Landesversammlung am 22. Oktober 2022 wollen wir gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband Thüringen Wege finden, wie wir diesen Wandlungsprozess in Thüringen gemeinsam ausgestalten können.

Veränderungen begleiten nicht nur das politische und gesellschaftliche Leben in Thüringen. Auch unser Verband stellt sich mit der Berufung von Sebastian König neu auf. Er tritt die Nachfolge des langjährigen Geschäftsführers Dr. Burkhard Vogel an, der nach 23 Jahren als Staatssekretär in das Thüringer Umweltministerium gewechselt ist. Der ehemalige Leiter des „Kompetenzzentrum Natura 2000-Stationen“ will sein Fachwissen und seine vielfältigen Kontakte nutzen, um die verschiedenen Akteur*innen im Freistaat an einen Tisch zu bringen. Im Rahmen der Landesversammlung wollen wir ihn offiziell im Amt begrüßen und ihm mit dem verabschiedeten Leitantrag das Werkszeug in die Hand geben, die Thüringer Landespolitik kritisch zu begleiten.

Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam die Weichen für eine neue, sozial-ökologische Landes- und Bundespolitik zu stellen. Dafür braucht es unsere gebündelten Kräfte. Unterstützen Sie uns dabei mit Ihrer Teilnahme an unserer Landesversammlung am 22. Oktober 2022 im Tagungszentrum in der Eislebener Straße 1, 99086 Erfurt, „Tagungsraum Erfurt“. Ich freue mich auf Sie.

Ihr 
Robert Bednarsky
Landesvorsitzender

Programm

10:00 Uhr Begrüßung
Evelyn Höhn, stellvertretende Landesvorsitzende des BUND Thüringen

Öffentlicher Vortragsteil:
10:15 – 11:15 Uhr Weg frei für eine sozial-ökologische Transformation in der Krise unserer Gesellschaft
Sebastian König, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen
Andreas Kotter, Paritätischer Wohlfahrtsverband Thüringen mit Diskussionsrunde
11:15 – 11:45 Uhr Mehr als drei Jahrzehnte Naturschutzarbeit im BUND Sonneberg
Silvia Frenzel und Gunter Berwing stellen den Kreisverband vor
11:45 – 12:15 Uhr Vorstellung der neuen Kreis- und Ortsverbände

12:15 – 13:15 Uhr Mittagspause

Ab 13:15 Uhr Landesversammlung des BUND Thüringen:

TOP 1. Formalia (Feststellung der Beschlussfähigkeit und Beschluss der Geschäftsordnung)

TOP 2. Wahl des*r Protokollanten*in

TOP 3. Wahl der Versammlungsleitung

TOP 4. Genehmigung der Tagesordnung

TOP 5. Bericht des Landesvorstandes und der Geschäftsführung – anschließend Aussprache

TOP 6. Bericht der Naturstiftung David – anschließend Aussprache

TOP 7. Bericht Wildtierland Hainich gGmbH – anschließend Aussprache

Finanzen/ Haushalt

TOP 8. Vorstellung des Jahresabschlusses 2020 – und Erläuterung des vorläufigen Haushaltsabschluss 2021 – anschließend Aussprache

TOP 9. Bericht der Kassenprüfer*innen – anschließend Aussprache

TOP 10. Entlastung des Landesvorstandes

TOP 11. Vorstellung und Beschlussfassung über den Haushaltsplan 2022 mit den Schwerpunkten für das Jahr 2022

15:30 – 15:45 Uhr Kaffeepause

Wahlen

TOP 12. Wahl der Wahlleitung

TOP 13. Wahl der Kassenprüfer*innen

Anträge

TOP 14. Satzungsänderungsanträge

TOP 15. Weitere Anträge

TOP 16. Sonstiges 

Verabschiedung

Leitantrag - Solidarisch durch die Krisen

Die Landesversammlung des BUND Thüringen hat folgenden Leitantrag beschlossen:

Solidarisch durch die Krisen – Ökosysteme stärken, Energiewende beschleunigen, soziale Sicherheit schaffen
Umsteuern in eine ökologisch und sozial nachhaltige Zukunft

Die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine haben uns die Versäumnisse der letzten Jahre und Jahrzehnte aller Regierungskoalitionen vor Augen geführt. Im Ergebnis stehen gestörte Lieferketten, hohe Inflation, massives Artensterben sowie eine Energiepreis- und Klimakrise. Diese Herausforderungen treffen vor allem die Ärmsten in unserer Gesellschaft. Daher ist Solidarität, das Schaffen von Vertrauen in gutes, problemlösendes Regieren der Schlüssel, die Krisen zu meistern.

Die bisher getroffenen Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, den Herausforderungen gerecht zu werden. Zudem versuchen immer mehr Strömungen in der Gesellschaft, eine Renaissance totgeglaubter Ideen und rückwärtsgewandter Politiken wiederbeleben zu müssen. Das reicht von fossilen und nuklearen Energien bis zum Rollback in der Landwirtschaft.

Als Umweltverband fordern wir seit Jahrzehnten das, was nun in kürzester Zeit gelingen soll: weniger Energie- und Ressourcenumsatz (Ziel die Postwachstumsgesellschaft) und weg von den fossilen Energieträgern (Kohle, Öl, Gas), hin zu Erneuerbaren oder regenerativen Energieträgern (Wind, Sonne, Biomasse). Dabei gilt es trotz aller gebotenen Eile, den Naturschutz nicht unter den Tisch fallen zu lassen. Sei es im Rahmen der Planbeschleunigungen für die Technologien der Erneuerbaren oder in der Landwirtschaft. Dem Versuch, die Klimakrise und Biodiversitätskrise gegeneinander auszuspielen, geben wir uns nicht hin. Daher ist der BUND, auch und vor allem in Thüringen, mehr denn je gefragt, seine Expertise und Wissen in den aktuellen Prozess einzubringen und den Weg zu einer sozial-ökologischen Transformation aktiv zu gestalten. „Solidarisch durch die Krise“ ist das Leitmotto in dieser Zeit multipler Krisen.

1. Postwachstum/Suffizienz - Energie und Ressourcen sparen
Die aktuellen Preisentwicklungen auf dem Energiemarkt zwingen viele finanzschwache Familien zwangsläufig zum Energiesparen. Doch auch die Industrie muss ihren, nicht unerheblichen Beitrag, zur Reduzierung der fossilen Energienutzungen leisten. Dies kann nur mit gesetzlich definierten Energiesparzielen realisiert werden, die die Industrie in die Pflicht zu Dekarbonisierung nehmen und auf Erneuerbare umzusteigen. Förderprogramme allein reichen hier nicht aus. Der Endenergieverbrauch ist in Thüringen um mindestens 50% bis 2040 zu senken.

Ganz allgemein gilt es, Ressourcen und Energien zu sparen. Angesicht des stets früher eintretenden Earth Overshoot Day. Bereits im Mai hatte Deutschland seinen übergroßen, ökologischen Fußabdruck des Verbrauchs an Rohstoffen und Energien verbraucht, allein durch ein sog. „Grünes Wirtschaften/Wachstum“ werden wir nicht zukunftsfähig sein können. Der „Rebound-Effekt“[1] zeigt, dass eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und New-Green-Deal nicht möglich ist. Es ist deshalb ein anderes, schrumpfendes Wirtschaften und Konsumieren in den reicheren Nationen dieser Welt nötig.

Auf das Thema Energiesuffizienz bezogen bedeutet dies bereits aus aktuellen Gründen, auch in Thüringen: Reduzierung der Beleuchtungen von bspw. Reklamen, geschlossene Türen von Einkaufszentren und heruntergekühlte Büroräume, kleine Entfernungen zu Fuß gehen oder das Rad nehmen, den ÖPNV nutzen etc. Dies sind nur einige, eher kleinere Lösungen zur Begrenzung der akuten Energiepreiskrise. Durch diese scheinbar geringfügigen Änderungen kann aufgrund der großen Zahl von potenziell beteiligten Bürger*innen und Gewerbetreibenden, des Handels etc. dennoch sofort eine nicht unerhebliche Menge an Energie gespart werden. Daher fordert der BUND, dass nicht nur in Krisenzeiten Energiesuffizienz betrieben wird, sondern dauerhaft ein Thema in allen Sektoren wird. Denn jede nicht genutzte Energie (egal welcher Technologien) vermeidet Natureingriffe und schont darüber hinaus den Geldbeutel.

Energiesuffizienz muss in allen Sektoren einkehren: Verkehr (Fahrgemeinschaften, Öffentlicher Nahverkehr, Homeoffice), Wärme (intelligente Thermostate, energetische Sanierung von Gebäuden, andere Heiztechnologien), Gewerbe/Handel (Reduzierung der Beleuchtung von Reklame, durchgängiges Heizen oder Klimatisieren), Industrie (Vermeidung von Leerlauf und Energieverlusten, Abwärme nutzen, Reparatur anstelle von Neubeschaffung), Landwirtschaft (Reduzierung der Menge chemisch-synthetischer Düngemittel, Pflanzenschutzmittelreduktion), ökologische Baustoffe wie Holz, Lehm, Stroh statt die energieintensiven, sog. „Grauen Stoffe“ (Zement, gebrannte Ziegel etc.) und schließlich bei der Digitalisierung sparsame Datennutzung zur Stromeinsparung auf Serverfarmen, lange Nutzung energieintensiver IT-Technik verwenden, um nur einige Beispiele aufzuzeigen. Dabei macht Energiesuffizienz unabhängiger von Dritten (vor allem Despoten und Autokraten) und gegen Lieferausfälle bei gleichzeitiger politischer Handlungsfähigkeit, da sie keine (neuen) Abhängigkeiten schaffen. Energiesuffizienz-Maßnahmen sind sofort nutzbar, unschlagbar kostengünstig und setzen somit mehr Mittel für Investitionen frei, in die Transformation hin zu einer fossilfreien, aber auch zu reduzierender Wirtschaft und Lebensweise. Die öffentliche Hand, also Bund, Länder und Kommunen, sind aufgefordert, hierbei in ihrem eigenen Aufgabenbereich als Vorbild voranzugehen.

2. Weg von Fossilen – hin zu Erneuerbaren
Der jährliche Zubau an Windenergieanlagen muss auch in Thüringen an Fahrt gewinnen, um die geplanten 80% an erneuerbarer Energieerzeugung bis 2030 zu erreichen. Es braucht eine Planungs- und Investitionssicherheit für die Hersteller von Windenenergieanlagen, um die Windenergieanlagentechnik finanziell abzusichern. Ähnliches gilt für Photovoltaik und Wärmepumpen sowie andere erneuerbare Technologien in allen Sektoren des Wirtschaftens.

Zudem muss der Kohleausstieg bis 2030 beschleunigt werden, um die Pariser Klimaziele überhaupt noch zu erreichen. Auch wenn Thüringen keine Kohlekraftwerke hat, wohl aber etliche Stadtwerke in den Städten Gas- und Dampfkraftwerke, müssen diese aus der Nutzung des fossilen Energieträgers Gas aussteigen.

Die solare Baupflicht muss nach dem Vorbild der Stadt Jena in allen Thüringer Gemeinden, Städten und Kommunen für Neubauten Einzug halten und auch im Bestandsbau muss energetisch fossilfrei saniert werden.

Die Freiflächenphotovoltaik ist in Maßen auszubauen, um das Thüringer Ziel zu erreichen, bis 2040 seinen Energiebedarf vollständig mit einem Mix aus Erneuerbaren zu decken. Hierbei kann auch die Agri-Photovoltaik eine Rolle spielen. Jedoch sollten zunächst alle bereits vorhandenen Dachflächen und versiegelten Flächen prioritär installiert werden, ehe PV-Anlagen auf Flächen der Lebensmittelproduktion oder Grünland aufgestellt werden.

Biogasanlagen, zur sog. Grundlastabdeckung notwendig und zur Vermeidung eines Blackouts bei der Dunkelflaute, wenn kein Wind weht und die Sonne scheint, sind möglichst mit Reststoffen aus der Land- und Forstwirtschaft zu betreiben.  Einen weiteren Zuwachs an Anbauflächen, bspw. mit Silomais oder ähnlichen Energiepflanzen zur Verbrennung in Biogasanlagen, lehnt der BUND ab.

Nach dem Motto „Worst First“ müssen ineffiziente Gebäude zuerst energetisch saniert werden, um deren Energieeffizienz zu steigern. Einrichtungen der öffentlichen Hand müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Zudem können „Balkonkraftwerke“ für Privathaushalte eine Möglichkeit der privaten Nutzung von Erneuerbaren sein. Die Vermieter, insbesondere die großen Vermietergesellschaften (Private wie Genossenschaften) haben umgehend mit den Stadtwerken zusammen Wärmekonzepte für ihre Quartiere/Blocks zu erstellen und bis 2035 gemeinsam umzusetzen. Nur die hohen Energiepreise fürs Heizen und den Strom an die Mieterschaft und den Staat für die Wohngeldbezieher weiter zu reichen, halten wir für ein falsches, unsolidarisches Verhalten.

Bürger*innen und Landnutzende müssen von der Energiewende profitieren, daher sind genossenschaftlich organisierte Konzepte zu favorisieren, bei denen sowohl Bürger*innen als auch Landwirte und Kommunen profitieren. Die dezentrale Energiewende gehört in Bürgerhand. Es ist ein Bürgerenergiefond vom Land einzurichten.

3. Finanzierung der Energiewende sozial-gerecht gestalten
Die Investitionen und entstehenden Kosten können nicht von allen gleichermaßen getragen werden. Pandemie, Inflation und Energiepreiskrise lassen nur eine Antwort zu: Solidarität. So braucht es eine zielgerichtete Entlastung für dringend Unterstützungsbedürftige und eine Gesamtstrategie für eine nachhaltige, bezahlbare Grundversorgung, für ca. 40 % der unteren Einkommensschichten finanziert durch eine höhere Besteuerung von sehr großen Vermögen und Abschöpfung von Übergewinnen. Wichtiger ist es die sog. Merit-Order[2] auf der EU-Ebene zu ändern. Zusätzlich muss die Schuldenbreme ausgesetzt und die ca. 60 Mrd. klimaschädlichen Subventionen in Deutschland abgebaut werden. Dies betrifft vor allem Steuerbefreiung auf Kerosin oder die Subvention von Regionalflughäfen wie Erfurt-Weimar und das Dienstwagenprivileg von privat genutzten Firmenfahrzeugen.

Ziel ist zudem die Weiterentwicklung und der Ausbau von Förderprogrammen wie „Green Invest“ auf der Landesebene oder den Reparaturbonus und Schaffung neuer Programme, primär für gemeinwohlorientierte Einrichtungen und Privathaushalte.

Die CO2-Bepreisung muss kontinuierlich bis 2030 steigen, auf die vom Umweltbundesamt (UBA) errechneten Schäden, die das CO2 verursacht, die das UBA mit ca. 200,- €/t angibt. Diese Bepreisung ist ein wesentlicher Mechanismus für Planungssicherheit und notwendige Investitionen in die Transformation. Sie muss aber einhergehen mit einem Klimageld, das insbesondere Menschen mit geringerem Energieverbrauch aufgrund kleinerer und mittlerer Einkommen entlastet.

Transformationsfond Thüringen
Ausgehend von den aktuellen Krisenlagen besteht die unaufschiebbare Notwendigkeit umzusteuern und den Transformationsprozess zielgerichtet anzugehen. Die bisherigen Veränderungen unserer Welt waren meist Ergebnisse eines langsamen evolutionären Wandels. Alle politischen Maßnahmen sollten sich daher an den Prinzipien von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit, Zukunftsverträglichkeit und Resilienz orientieren und damit die Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie konsequent umsetzen.

Daher fordert der BUND Thüringen einen neuen Gesellschaftsvertrag, der mit der Einrichtung eines „Transformationsfonds Thüringen" untersetzt ist. Zentrale Idee in einem solchen Gesellschaftsvertrag ist der „gestaltende Staat", der für die Transformation aktiv Prioritäten setzt, gleichzeitig erweiterte Partizipationsmöglichkeiten für seine Individuen und die Zivilgesellschaften bietet und der Wirtschaft und Wissenschaft Handlungsoptionen für Nachhaltigkeit eröffnet. So können alle gemeinsam eine kollektive Verantwortung für die Vermeidung gefährlichen Klimawandels und für die Abwendung anderer Gefährdungen der Menschheit als Teil des Erdsystems übernehmen.

Der „Transformationsfonds Thüringen" muss demokratisch legitimiert und kontrolliert werden und den anstehenden Transformationsprozess unterstützen und steuern. In diesem sollen die umfangreichen Mittel und Anstrengungen des Landes der kommenden Jahre für die zwingend gebotenen Anpassungen im Land im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung genutzt und gebündelt werden. Dies schließt eine Verschränkung mit Mitteln des Bundes und der Europäischen Union ein.

Der BUND Thüringen fordert daher die Landesregierung auf, sich zu der Frage zu positionieren, ob die Einrichtung eines „Transformationsfonds Thüringen" aus ihrer Sicht ein geeignetes Instrument sein kann, um die angestrebte solidarische und ökologische Weiterentwicklung und Neuausrichtung Thüringens kraftvoll und zugleich einfach und fokussiert zu begleiten. Vor dem Hintergrund der anstehenden Aufgaben, den zu erwartenden Umbrüchen und den bisherigen Kosten zur Bewältigung der aktuellen und zu erwartender Krisen sollte dieser Fonds mit einem Betrag aus Mitteln des Landes ausgestattet werden, der ein aktives Gestalten der Zukunft unseres Landes zulässt. Die Einbettung und Erweiterung in und um die Kulissen der EU und des Bundes folgt parallel, aber an andere Stelle. Sie ist allerdings ein zentraler Teil der Begründung der Idee des „Transformationsfonds Thüringen".

Ziel des Fonds ist es, die bestehenden Förderungen und Förderprogramme so zu vereinfachen und zusammenzuführen, dass Kommunen, Verbände und Wirtschaft diese auch tatsächlich zielgerichtet aus einer Hand, zeitnah und widerspruchsfrei für die Gestaltung der gesellschaftlichen Transformation nutzen können. Kernelemente hierzu sollten noch im laufenden Haushaltsjahr realisiert und weitere Finanzmittel in dieser Form kontinuierlich zusammengeführt werden. Dabei müssen folgende Prämissen umgesetzt werden:

  • Krisenmanagement hat oberste Priorität
  • Wirtschaftsstabilisierung und Transformation verbinden
  • Öffentliche Daseinsvorsorge stärken
  • Regionalisierung voranbringen
  • Soziale Gerechtigkeit und Verteilungsfragen adressieren
  • Neue Wohlstandsmodelle und -messung
  • Internationale Solidarität

4. Ökosysteme stärken und wiederherstellen – Biodiversität fördern
Noch immer ist die Natur und Biodiversität in Thüringen weit davon entfernt, sich zu erholen. Durch die Ausweisung des Nationalen Naturmonuments, die Schaffung eines Netzwerkes aus Natura-2000-Stationen oder der Erreichung der 5% Waldwildnis ist viel Positives passiert. Die Anstrengungen müssen aber noch deutlich erhöht werden, um das Artensterben und den Biodiversitätsverlust zu stoppen und umzukehren. Die Schaffung und Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme mit ihrer entsprechenden Artenvielfalt und Biodiversität bietet nicht nur die bekannten Ökosystemleistungen, sondern bindet CO2 und mildert die Folgen von Extremwetterereignissen.

Vor allem natürlicher Klimaschutz muss gestärkt werden. Daher sind Flüsse, wo möglich, in ihren ursprünglichen Verlauf zu bringen, Retentionsräume zu schaffen und Moore zu renaturieren. Hiervon profitiert auch das Grundwasser durch eine verbesserte Neubildungsrate. Natürlicher Wasserrückhalt in unserer Landschaft hat nicht nur positive Effekte des Hochwasserschutz, sondern stärkt den Wasserhaushalt, das Grundwasser sowie die Biologische Vielfalt. Die Landesregierung muss die Voraussetzungen für einen natürlichen Klimaschutz schaffen und Förderprogramme ausbauen sowie ggf. Flächen zur Schaffung natürlicher Auen und Retentionsräume erwerben oder tauschen. Auch der Natur- und Artenschutz, über Natura 2000 hinaus, muss weiter gestärkt werden.

Unsere Wälder leiden unter dem voranschreitenden Klimawandel. Vor allem Fichtenmonokulturen fallen der Trockenheit und dem Borkenkäfer zum Opfer. Der BUND fordert, dass die Fehler der Vergangenheit nicht erneut begangen werden und auf Kalamitätsflächen ein widerstandsfähiger Mischwald entsteht. Dieser ist nicht nur resistenter gegenüber Schädlingen, sondern hat ebenfalls einen echten Mehrwert für die Biologische Vielfalt. Der Waldumbau muss auch außerhalb der Kalamitätsflächen forciert werden.

Die neue, entstehende Biodiversitätsstrategie kann dafür wichtige Richtungen und Möglichkeiten aufzeigen. Daher sind hier konkrete Zielmargen zu benennen.

5. Landwirtschaft resilient gestalten
Der Krieg hat nicht nur die Energieversorgung auf eine harte Probe gestellt, sondern auch die globale Ernährungssicherheit.

Global drohende Hungerkrisen müssen ein Umdenken erzeugen. Etwa sollen Pflanzenöle und Backweizen nicht mehr zu Biokraftstoffen verarbeitet oder an Tiere verfüttert werden. Stattdessen müssen sie zur Verfügung stehen, um in der jetzigen Situation Menschen ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. Problem auf der Welt ist nicht die Lebensmittelproduktion, sondern deren globale Verteilung. Daher sind nach wie vor Flächen für den Naturschutz (bspw. Brachen) in der Landwirtschaft bereitzustellen. Eine zusätzliche Intensivierung schadet der Biologischen Vielfalt mehr, als dass es der Ernährungssicherheit hilft. Somit können keine resilienten Ökosysteme geschaffen werden, welche bereits jetzt verletzt sind. Die multiplen Krisen dürfen nicht für ein Rollback in der Landwirtschaft zum Vorwand genutzt werden.

Gleichzeitig werden in unserer Überflussgesellschaft Lebensmittel in großen Mengen weggeworfen. Alle Ebenen der Verarbeitungs- und Wertschöpfungskette müssen auf Möglichkeiten für die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung geprüft werden. Das gilt besonders für Industrie und Handel. Zudem sind alle Anstrengungen zu unternehmen, die zu resilienten, krisenfesten Agrarsystemen führen – in Europa und weltweit.

Dabei können die Landwirt*innen nicht bei den enormen Herausforderungen allein gelassen werden. Die gesellschaftlichen Ansprüche und Forderungen müssen mit einer Honorierung der Leistungen und angemessenen Preisen für die Produkte entlohnt werden. Landwirt*innen müssen für mehr Naturschutz belohnt werden durch eine zielgerichtete Agrarförderung, nicht bestraft durch überbordende Bürokratie und Sanktionen.

Wir brauchen eine Landwirtschaft, die Arten und Klima schützt und damit dauerhaft die Produktionsgrundlagen und Ernten gewährleistet. Die Landwirtschaft als wichtigster Flächenbewirtschafter muss flächendeckend ökologisiert werden, um den Herausforderungen gerecht zu werden.

6. Zusammenfassend fordert der BUND Thüringen:

  • Postwachstum und Energiesuffizienz in allen Lebensbereichen umsetzen. Transformation von einer wachstumsorientierten Gesellschaft zu einer umwelt- und lebensqualitätsorientierten Gesellschaft.
  • Ökosysteme stärken – Biodiversität und Artenvielfalt fördern, bspw. durch den Ausbau von Förderprogrammen und Umdenken in der Land- und Forstwirtschaft
  • Natürlichen Klimaschutz intensivieren – Flüsse renaturieren, Retentionsräume schaffen, Moore wiedervernässen
  • Ökologisierung der Landwirtschaft – Reduzierung von chemisch-synthetischen Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln
  • Landwirt*innen nicht für mehr Umwelt- und Naturschutz bestrafen – Förderprogramme ausbauen, faire Preise am Markt generieren
  • Einrichtung eines Bürgerenergiefonds und eines Transformationsfonds Thüringen
  • Schutzschirm für die Daseinsvorsorge - von Stadtwerken und Schulen bis zu Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen
  • Fossile Abhängigkeiten beenden: saubere und sichere Energie durch eine Ausbau-Offensive der Erneuerbaren in Verbindungen mit massiven Investitionen
  • Ausbau der Erneuerbaren so natur- und umweltverträglich wie möglich gestalten
  • Voraussetzungen schaffen für einen sozialverträglichen ökologischen Umbau.Dabei steht bei allen Forderungen im Vordergrund: Krisen nicht gegeneinander ausspielen – solidarisch durch die Krise!

[1] mehr Produktion und Konsum durch Effizienzgewinne klimaneutraler Techniken

[2] Marktpreisbildung bei den Energieerzeugern an der Börse; das durch den Ukraine-Krieg durch Russland verursachte, knappe Gas bestimmt den Preis aller anderen Energieträger wie Atom, Öl, Kohle, Wind- und Sonnenenergie etc.

Antrag Deuna

Die Landesversammlung des BUND Thüringen hat folgendes beschlossen:

Die Firma Dyckerhoff GmbH (vormals Deuna Zement GmbH) betreibt die Gewinnung von Kalkstein innerhalb ihres Bergwerkseigentumes (BWE) mit einer Fläche von 910,80 ha auf Grundlage eines fakultativen Rahmenbetriebsplanes. Dieser Rahmenbetriebsplan umfasst aktuell eine Fläche von 144 ha und ist befristet bis 31. Dezember 2025. Um langfristig die Rohstoffversorgung am Standort Deuna zu sichern, ist die flächenhafte Erweiterung des Tagebaus in südliche Richtung um ca. 77,66 ha beantragt. Mit der Erweiterung des Abbaus geht der Verlust von mehr als 70 Hektar Buchen(misch)wald einher, der naturverträglich in Plenterwaldwirtschaft betrieben wird und zahlreiche Fauna- und Floraarten beheimatet. Es ist nicht vertretbar, großflächig wertvolle Buchenwälder zugunsten einer klimaschädlichen Zementproduktion zu opfern.

Begründung:
Der bestehende Tagebauaufschluss (inkl. Rekultivierungsflächen) erstreckt sich auf einer Fläche von gegenwärtig ca. 120 ha auf der Dünhochfläche. Bei maximalem Aufschlussgrad wird der Tagebau eine Fläche von ca. 144 ha aufweisen. Das Antragsfeld schließt direkt südöstlich an die bisher genehmigte Abbaufläche an. Sowohl der vorhandene Tagebauaufschluss als auch dessen Erweiterung nehmen forstwirtschaftlich genutzte Flächen in Anspruch. Mit der Tagebauerweiterung werden Waldflächen in Anspruch genommen, die mit überwiegend naturnahen, edellaubholzreichen Buchenwaldbeständen auf frisch eutrophen Standorten bestockt sind. Die Nutzungsänderung durch Rodung einschließlich der Herstellung eines umgebenden, waldfreien Schutzstreifens umfasst eine Fläche von ca. 80,6 ha. Das betroffene Gebiet besticht durch Vielfalt und Schönheit im Sinne der Qualitätskennzeichnung für Naturschutzflächen. Mit der beabsichtigten Zerstörung des Waldgebietes sind dramatische Folgen für den Biotopverbund Südharz, Dün, Hainleite und Hainich mit massiven Auswirkungen auf das Vorkommen dort lebender FFH- Arten zu erwarten.

Die Auswirkungen des Vorhabens sind im Verfahren sehr kritisch auf die Umweltverträglichkeit des Vorhabens und die Auswirkungen auf das Ökosystem, den Grundwasserspiegel, die Einschränkung der touristischen Nutzung zu prüfen. Insbesondere sollen auch Beeinträchtigungen des Immissionsschutzes und die Grundlagen der zugrundeliegenden bergrechtlichen Verfahren Eingang in die Betrachtung des Vorhabens finden. Dazu sollen Möglichkeiten der Hinzuziehung naturschutzrelevanter und rechtlicher Einschätzungen und Gutachten erschlossen werden.

Im Nachtrag zum Rahmenbetriebsplan der von Dyckerhoff beauftragten TERRA MONTAN Gesellschaft für angewandte Geologie mbH vom 19.04.2021 muss unter

Punkt 2 2.1 Forstliche und naturschutzfachliche Belange (Seite 5) eingeräumt werden:

„In Hinblick auf den Verlust eines hohen Flächenanteils von Plenterwäldern ist der Eingriff als sehr hoch zu bewerten, da den Wäldern aufgrund von Altersstrukturen und Naturnähe eine besonders hohe ökologische Bedeutung zukommt. Die Wiederherstellung gleichwertiger Waldstrukturen wird voraussichtlich 100-200 Jahre in Anspruch nehmen. Trotz der abschnittsweisen Änderung der Nutzungsart ist der Eingriff als erheblich einzustufen.“

Die von Dyckerhoff beabsichtigten Ausgleichspflanzungen werden das nicht kompensieren können, die Wiederherstellung der jetzt bestehenden Waldstruktur nach Rodung ist nicht möglich.

Darüber hinaus muss in Betracht gezogen werden, dass die Produktion von Zement hohe Treibhausgasemissionen (THG) verursacht:

Für den Brennvorgang, bei dem Kalkstein zu (Zement-)Klinker gebrannt wird, werden sehr hohe Temperaturen benötigt (1.450°C), die mit einem hohen Brennstoffverbrauch einhergehen. Darüber hinaus führt die chemische Reaktion beim Brennen durch die Entsäuerung des Kalksteins zu einer Freisetzung von CO 2.

Zudem entstehen Emissionen durch den Stromverbrauch beim Mahlen sowie dem Transport der Rohstoffe und der Produktionsprodukte. Die Zement-Herstellung ist einer der emissionsintensivsten Industrieprozesse.

Auch deshalb muss deutlich hinterfragt werden, ob in Zeiten des Klimawandels, der mit massiven Folgen für die Artenvielfalt und die Ökosysteme einhergeht, die mit der derzeitigen Erweiterung des Tagebaus bis ins Jahr 2070 geplante Fortsetzung einer solch energieintensiven und umweltschädlichen Produktionsweise der Zementproduktion der Dyckerhoff GmbH am Standort Deuna die damit einhergehenden schwerwiegenden Eingriffe in noch weitgehend intakte Naturräume zu rechtfertigen ist.  

Ansprechpartner:

BUND Landesverband Thüringen e.V.

Landesgeschäftsstelle
Trommsdorffstraße 5 99084 Erfurt E-Mail schreiben Tel.: 0361/555 03 10 Fax: 0361/555 03 19

Anreise

Tagungsraum Erfurt, Eislebener Straße 1, 99086 Erfurt

Bei Rückfragen zur Anreise am Anreisetag erreichen Sie uns telefonisch unter 0162/1701219.
 

ÖPNV: Vom Hauptbahnhof aus fahren Sie mit der Linie 1 (Richtung Europaplatz) oder Linie 5 (Richtung Zoopark) bis zur Haltestelle Lutherkirche/SWE. Nachdem Sie ausgestiegen sind, laufen Sie weiter entlang der Magdeburger Allee, vorbei an der Lutherkirche und biegen bei der nächsten Kreuzung rechts in die Eislebener Straße ab. Das Tagungsgebäude befindet sich auf der linken Straßenseite gegenüber des Lidl-Marktes.