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"Befremdung über Vogels Äußerungen zu Thüringer Verkehrsprojekten

14. Juli 1995 | Mobilität

BUND überreicht Ministerpräsidenten Grundgesetz als "Erinnerungsstütze"

"Außerordentlich befremdet" zeigt sich der Landesverband Thüringen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) über Äußerungen des Thüringer Ministerpräsidenten Dr. Bernhard Vogel (CDU) zu den geplanten Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Vogel hatte unlängst öffentlich erklärt, daß die' geplante "Südharz-Autobahn" A38 ebenso wie die A71/A73 und die ICE-Strecke durch den Thüringer Waldes in jedem Falle verwirklicht würden und lediglich noch Details der Ausführung zu klären seien.

In einem "Offenen Brief" an den Ministerpräsidenten stellt nun der BUND Thüringen klar, daß bislang weder für die "Südharz-Autobahn" noch für die "Thüringer Wald-Autobahnen" Baurecht bestehe. "Die Aufnahme dieser Projekte in den Bundesverkehrswegeplan stellt lediglich einen Planungsauftrag für die entsprechenden Fachbehörden dar. Eine den gesetzlichen Bestimmungen genügende Abwägung, ob und gegebenenfalls wie diese Vorhaben realisiert werden können, muß in jedem Einzelfall noch stattfinden", heißt es in dem Schreiben des BUND.

Durch die von Vogel gemachten Äußerungen dränge sich jedoch der Eindruck auf, als wolle der Ministerpräsident dieser gesetzlich vorgeschriebenen Güterabwägung vorgreifen. Zudem verschweige Vogel das Recht von Betroffenen, gegen eine Entscheidung der Verwaltung zugunsten der umstrittenen Großprojekte gerichtlich vorzugehen.

"Es stimmt nachdenklich und erschreckt", so der BUND, "wenn der Ministerpräsident Thüringens und Landesvorsitzende einer großen demokratischen Partei in dieser Weise das Ergebnis eines Prozesses vorwegnimmt, bevor die rechtsstaatlich gebotene Abwägung erfolgt ist". Verwaltung und Justiz seien jedoch an die geltenden Gesetze gebunden. Dieser Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit gehöre zu den elementaren Verfassungsgrundsätzen, betont der BUND in seinem Brief.

Angesichts der bei Projekten dieser Größe unbestreitbaren Interessenskonflikten sei das Vorgehen Vogels "auch in der Sache unangemessen". Es sei zu befürchten, daß auf diese Weise die Akzeptanz der Bevölkerung für die langwierigen und komplexen Abläufe solcher Verwaltungsverfahren weiter verringert und die Politikerverdrossenheit verstärkt werde.

Als "Erinnerungsstütze" und Beleg dafür, daß vollziehende Gewalt und Rechtsprechung "selbst bei den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit" an Recht und Gesetz gebunden seien, habe der BUND dem Brief an den Thüringer Ministerpräsidenten eine Textausgabe des Grundgesetzes beigelegt, heißt es in der Presseerklärung des Umweltverbandes. 

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