Erfurt. Der BUND Thüringen fordert einen landesweiten Aktionsplan zum Schutz der Thüringer Flussauen. Nach Angaben des Verbandes müssen neue Investitionen im Hochwasserschutz vorrangig in die Wiederherstellung der natürlichen Überschwemmungsgebieten fließen. Ein Neubau von Rückhaltebecken und Dämmen würde die Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte nur fortsetzen.
„Thüringen holt sich bald mehr als nur nasse Füße, wenn der Schutz der Flussauen weiter missachtet wird“, erklärte Dr. Burkhard Vogel, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen. Nach Angaben des BUND sind Bebauung und Versiegelung der Auen, fast vollständige Vernichtung der Auwälder, Begradigung der Flüsse und die Eindeichung von Ackerflächen für eine Verschärfung der Hochwassersituation in Thüringen verantwortlich.
„Die Hochwassergefahr in Thüringen ist zum großen Teil hausgemacht“, erklärte Vogel weiter. Als Beispiel nannte er die Hochwassersituation an der Unstrut. Hier hätte sich die Lage nicht so dramatisch zugespitzt, wenn die Konzepte zur Renaturierung der Unstrutaue umgesetzt worden wären. Bereits im Jahr 1997 habe Umweltminister Dr. Sklenar öffentlich den Rückbau von Deichen angekündigt, welche Ackerflächen in der Aue vor der Überflutung schützen. Mit dem Rückbau und der Umwandlung der Äcker in Grünland sollten Überschwemmungsgebiete an der Unstrut als natürlicher Hochwasserschutz geschaffen werden. Nach lautstarkem Protest der Landwirtschaft sei das Konzept aber in den Schreibtischschubladen der Amtsstuben begraben worden.
Als weiteres Beispiel nannte der BUND Thüringen die Werra. Straßenbaumaßnahmen und intensive Landwirtschaft würden hier die natürliche Hochwasserschutzfunktion der Aue teilweise massiv beeinträchtigen.
Nach Einschätzung des BUND Thüringen reicht die Ankündigung von Umweltminister Dr. Sklenar, die ufernahe Bebauung einzuschränken, nicht aus. „Wir fordern ein landesweites Auenschutzprogramm. Dazu gehört ein Verbot für alle Baumaßnahmen einschließlich der Infrastrukturprojekte in Überschwemmungsgebieten“, erklärte Wigbert Schorcht, Hochwasserexperte des BUND Thüringen. „Durch den Rückbau von Deichen müssen natürliche Überschwemmungsgebiete wieder hergestellt werden. Schließlich fordern wir in allen Überschwemmungsgebieten ein Verbot der Ackernutzung und eine Umstellung auf extensive Grünlandbewirtschaftung“. Für die Umstellung müssten die Landwirte einen finanziellen Ausgleich erhalten, erklärte Schorcht.
Investitionen in den technischen Hochwasserschutz müssen sich nach Angaben von Schorcht auf den Schutz der Ortschaften konzentrieren. „Ein Hochwasserdamm unmittelbar um eine Ortschaft ist viel effektiver als den ganzen Fluss einzudeichen und von seinem natürlichen Überschwemmungsgebiet abzuschneiden, nur um noch ein paar Hektar Ackerfläche zu gewinnen“, machte der Hochwasserexperte des BUND deutlich.
Schorcht forderte Minister Gnauck in seiner Zuständigkeit für die Landesplanung auf, den Schutz der Thüringer Flussauen im neuen Landesentwicklungsplan verbindlich festzuschreiben und auch bei der Fortschreibung der Regionalen Raumordnungspläne umzusetzen.