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BUND/Thüringen kritisiert Entwurf zum Thüringer Waldgesetz

26. Oktober 1990 | Wälder

Leider ist es bei vielen staatlichen Behörden immer noch nicht zur Gewohnheit geworden, die anerkannten Umweltverbände an wichtigen umweltrelevanten Entscheidungsprozessen rechtzeitig und formgemäß zu beteiligen. Dies gilt auch für den vom Ministerium für Landwirtschaft und Forst erstellten Entwurf zum Thüringer Waldgesetz, der nur auf Umwegen zur Begutachtung in die Hände des BUND-Landesvorstandes geraten ist.

Die Bedeutung des Waldgesetzes für die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege ergibt sich zum einen aus dem mit 33% hohen Waldanteil an der Gesamtfläche Thüringens, zum anderen aus den durch die allgemeine Verschlechterung der Umweltsituation, hervorgerufenen veränderten Rahmenbedingungen der Waldbewirtschaftung.

Es bedarf heute mehr denn je einer an ökologischen Gesichtspunkten orientierten Waldwirtschaft, bei der die an den Wald gestellten wirtschaftlichen Erwartungen nicht in den Vordergrund gestellt werden. Leider findet man an mehreren Stellen des Gesetzentwurfes noch Formulierungen, die diesem Grundsatz widersprechen. So sollte man besser einen funktionsfähigen, statt wie mehrmals zitiert "einen leistungsfähigen Naturhaushalt" anstreben. Zum Beispiel ist ein monotoner Fichtenwald zwar leistungsfähig, gegenüber zahlreichen natürlichen Einflüssen aber sehr instabil und damit ökologisch nicht funktionsfähig.

Die im Entwurf fixierten Grundsätze ordnungsmäßiger Forstwirtschaft verpflichten alle Waldbesitzen (Staat, Kommunen und Private) zu einer naturverträglichen Bewirtschaftung, sind aber aus der Sicht des Naturschutzes u.a. durch folgende Kriterien teilweise zu ergänzen bzw. zu erweitern:
•weitestgehende Vermeidung von Kahlschlägen
•generelles Pestizidverbot
•Orientierung auf lange Produktionszeiträume, einschließlich die Entwicklung und Erhaltung totholzreicher Altholzinseln
•Duldung natürlicher Sukzessionsstadien mit Pionierbaumarten auch im Wirtschaftswald
•Gestaltung, Entwicklung und Pflege von unbestockten Biotopen im Wald (Gewässer, Wiesen, Heiden, Moore, Gräben u.a.).

Sollten Weihnachtsbaumplantagen in Zukunft in großem Umfang angelegt werden, sind Konflikte mit Naturschutzinteressen schon vorprogrammiert. Ihre Anlage ist daher naturschutzrechtlich genehmigungspflichtig und von Forstbehörden sehr ernst zu nehmen.

In anderen Fällen ist der vorliegende Entwurf mit Vorschriften des Thüringer Naturschutzgesetzes aber nur ungenügend abgestimmt und daher dringend überarbeitungswürdig. Teilweise sind die Bestimmungen beider Gesetzesvorlagen sogar gegenläufig. So kann die Ausweisung eines geschützten Waldgebietes zum Zweck des Gemeinwohls nicht vom Einvernehmen des Waldeigentümers abhängig gemacht werden. Die staatlichen Behörden müssen hier allein ausweisungsberechtigt bleiben.

Allgemein werden Naturschutzbehörden und -verbände nicht ausreichend in naturschutzbedeutsame Entscheidungsfindungen mit einbezogen. Insbesondere betrifft dies die forstliche Rahmenplanung. Hier wird die gebotene Abstimmung mit der naturschutzrechtlichen Landschaftsplanung versäumt. Die Naturschutzbehörde wird so in nicht hinnehmbarer Weise aus dem Wald abgedrängt.

Zusammenfassend stellen wir fest, mit dem vorliegenden Entwurf zum Teil überlebte, den aktuellen Bedürfnissen von Natur- und Umweltschutz wenig angepasste Vorschriften zur Kenntnis nehmen zu müssen. Unsere Bemühungen richten sich daher an den Thüringer Landwirtschaftsminister, einen neuen Entwurf zu erstellen, in welchen unsere Vorschläge einfließen.
 

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