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StromtrassengegnerInnen fordern: Stromtrassen-Gutachten zurückgeben und Honorar zurückverlangen

27. August 1991 | Energiewende

Eisenach. Auf einer heute abgehaltenen Pressekonferenz haben Mitglieder der Gemeinsamen Initiative "Kein Starkstrom von Mecklar nach Vieselbach" die vom Thüringer Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Gutachten, die die energiewirtschaftliche Notwendigkeit der Trasse nachweisen sollten, stark angegriffen. Auf die, so Dr. G.Burckhardt von der Initiative, "stümperhaft erarbeiteten Gutachten" soll nun in Thüringen die Trasse gebaut werden.

Einig ist sich die Initiative mit den Stromversorgungsunternehmen darin, daß eine voll ausreichende und sichere Stromlieferung unabdingbar ist. Die Initiative stellt allerdings dem "halbsauberen" Stromimport aus den Altbundesländern und entsprechenden Abhängigkeiten die Forderung nach dezentraler, weitaus sauberer, weil kraft-wärme-gekoppelter Stromversorgung entgegen; auch die soll netzeingebunden und in Regional-Verbänden vor Ort betrieben werden.

Eine kritische und ausgewogene Prüfung in der Vor- und Prüfungsphase  zum Bau der 380 kV Starkstromtrasse Mecklar - Vieselbach hat das Ministerium für Wirtschaft und Technik zu vereiteln verstanden, indem es massiven Termindruck auf die beteiligten Gremien ausübte. Statt neutralen und die umfassende Problematik berücksichtigenden Gutachten wurden lediglich "gutachtliche Nachweise" für die Notwendigkeit des Trassenbaus angefordert, und zwar von drei Instituten in der früheren DDR und einem aus der Schweiz. Alle vier, bekannt als langjähriger Berater der Elektrizitäts-Großversorgungsunternehmen, bejahten die Notwendigkeit der Trasse in erstaunlich kurzer Zeit, offenbar ohne eigene Recherchen zur aktuellen Situation.

In diesem Nachweis fehlen:

1.Die differenzierte Darstellung der augenblicklichen energiewirtschaftlichen Versorgungslage (Überkapazitäten in der alten BRD 50 %, in den neuen Bundesländern 40 % mit - leider - steigender Tendenz) sowie der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung.
2.Die Würdigung und Auseinandersetzung mit bereits erstellten Gutachten für den Gesamtbereich der ehemaligen DDR.
3.Die Untersuchung kurzfristig möglicher und technologisch unproblematischer Nach-, Umrüstungs- und Einsparkapazitäten einschließlich der vordringlichen regionalen Innovationen und Reparaturen und deren Versorgungsverbesserungen.
4.Die Impulse für Produktionsbetriebe und Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern durch die Einführung der dezentralen kraft-wärme-gekoppelten Energieversorgung.
5.Die wirtschaftlichen und energietechnologisch außerordentlich günstige Umrüstungs-Ausgangsposition in zahlreichen Heizwerken (Ersparnisse 35%!).
6.Die Vorteile einer differenzierten regionalen Netzverbundstruktur.
7.Die enorme Primärenergieeinsparung mit der vollen Auswirkung auf die Stromtarife (zugunsten auch der Kommunen) und auf die Umwelt.
Die Initiative fordert daher mit Dr. Wilhelm von Braunmühl, Energieexperte im Wuppertal-Institut, die Gutachten zurückzugeben, da die Fragestellung nicht sachgerecht bearbeitet wurde und auch  eine Mittelrückforderung zu stellen. Zudem sollten vom Land alle dezentralen Energieprojekte, die auf Kraft-Wärme-Kopplung setzen, konsequent gefördert werden. Schließlich sind die von den Stromkonzernen diktierten Einspeisungspreise so zu erhöhen, daß eine Eigenerzeugung nicht "bestraft" wird.

Die Gutachten sind ihr Geld nicht wert. Auf solcherart Basis soll eine landschaftszerstörende  Starkstromtrasse gebaut werden. Damit wird eine sozial, ökologisch und wirtschaftlich verträglich dezentrale Energieversorgung behindert. Die Initiative wird ihren Widerstand gegen die Stromtrasse in Hessen und in Thüringen fortsetzen. 

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