Erfurt. Die bisherigen Anstrengungen des Freistaats Thüringen, gesundheits- und klimaschädliche Rußemissionen in seinen Städten zu reduzieren, sind nicht ausreichend. Zu diesem Schluss kamen die Vertreter von Umweltverbänden heute im Rahmen einer Pressekonferenz der Kampagne “Rußfrei fürs Klima“, die sich für eine Reduzierung des besonders gefährlichen Dieselrußes einsetzt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND), der Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) und die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) forderten von der Landesregierung und den betroffenen Städten deshalb bessere Maßnahmen und Kontrollen, um Feinstaubemissionen in Zukunft zu vermindern.
An mehreren Verkehrsmessstellen in Thüringen wurde in den letzten Jahren der EU-Tagesgrenzwert für Feinstaub wiederholt überschritten. Mit 62 Überschreitungstagen lag Mühlhausen/Wanfrieder Str. im Jahr 2010 deutschlandweit auf Platz 6 der am höchsten belasteten Messstellen; das von der EU festgeschriebene Überschreitungsmaximum liegt bei jährlich 35 Tagen. Die Messstelle Mühlhausen/Wanfrieder Str. hat auch 2011 diese Grenze mit 54 Überschreitungstagen bereits vor einigen Wochen passiert und am vergangenen Wochenende zog leider auch die Messstellen Erfurt/Bergstrasse mit aktuell 37 Überschreitungstagen nach. Die Messstelle Weimar/Steubestrasse (mit bislang 36 Tagen) konnte die erlaubte Zahl ebenfalls nicht einhalten.
Dr. Burkhard Vogel, Geschäftsführer des BUND Thüringen, kritisiert die Haltung der Politik. „Wenn man den aktuellen Diskussionen folgt, kann man das Gefühl bekommen, dass den Politikern die Gesundheit der Thüringer egal ist. Verkehrsvermeidungsstrategien sind richtig und wichtig, aber die Schaffung von Umweltzonen ist vor dem Hintergrund drohender Strafzahlungen unumgänglich.“, so Vogel. Handlungsbedarf bestehe in ganz Thüringen, die Landeshauptstadt Erfurt sei als Vorbild jedoch besonders im Focus. Deshalb fordert Vogel: „Die Umweltzone in Erfurt muss spätestens im Oktober nächsten Jahres kommen, direkt mit der grünen Plakette als Einfahrbedingung starten und nur wenig Ausnahmen zulassen.“ Nur so könne die Luft deutlich verbessert und dadurch die Gesundheit und das Klima geschützt werden.
Speziell auf die Situation der Landeshauptstadt geht auch Dieter Stompe vom VCD Erfurt ein. Er sieht die Umweltzone als geeignetes Mittel und fordert darüber hinaus zusätzliche Maßnahmen zur Luftverbesserung. Ein Beispiel, die Förderung des Radverkehrs: „Der Anteil des Radverkehrs an den Alltagswegen ist mit sieben Prozent im thüringischen Durchschnitt und neun Prozent in Erfurt viel zu gering. Deshalb ist ein Landesprogramm zur Förderung des Alltagsradverkehrs notwendig.“ Stompe betonte, dass auch der öffentliche Personennahverkehr noch verbesserungsfähig sei. „Mit einem Thüringen-Takt können die Fahrgastzahlen im Nahverkehr zügig verdoppelt, damit die Zahl der Pkw-Pendler in Erfurt deutlich reduziert und somit die Luft verbessert werden,“ so Stompe weiter. Maßnahmen wie die autofreie Innenstadt müssten parallel zur Einführung der Umweltzone umgesetzt werden, nur so würden die Anwohner bestmöglich entlastet.
Barbara Göppel, Projektmanagerin der Deutschen Umwelthilfe, merkt an, dass die Wirksamkeit einer Umweltzone von deren Größe und der Zahl der erteilten Ausnahmegenehmigungen abhängt: „Die vorbildliche Umsetzung der Umweltzone in Berlin kann den thüringischen Städten als Vorbild dienen. Möglichst groß, wenig Ausnahmen und Einfahrt nur mit grüner Plakette. So kann die Luft deutlich verbessert werden.“ Aus Sicht von Göppel müssen darüber hinaus auch weitere Verursacher von Dieselruß unbedingt kontrolliert werden. „Die in den Innenstädten eingesetzten Baumaschinen sind ein nicht zu unterschätzendes Problem. Eine verbindliche Filterpflicht zum Einsatz von Baumaschinen und –fahrzeugen ist deshalb dringend notwendig.“ Einige deutsche Städte haben diese Maßnahme zur Luftverbesserung bereits umgesetzt.