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2. Mitgliederversammlung des BUND Thüringen

09. April 1991 | BUND, Lebensräume, Naturschutz

Eisenach/Erfurt. Am 7.April 1991 kamen Vertreter des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Thüringen e.V. (BUND Thüringen) aus allen Regionen des Landes zu ihrer zweiten Mitgliederversammlung in Erfurt zusammen. Das Treffen sollte zum einen dazu dienen, ein erstes Resümee der bisherigen Arbeit des Landesverbandes zu ziehen, zum anderen aber auch neu geplante Projekte zu besprechen.

So ist beispielsweise eines der Vorhaben für dieses Jahr eine groß angelegte Müllkampagne. Einen ersten Einstieg in diese Problematik gab Herr Prof. Dr. Hans-Heinz Seyfarth mit seinem Vortrag "Duale Abfallwirtschaft - Mogelpackung oder Chance". Die BUND-Position "Müllvermeidung vor Müllverwertung" kam hier - auch in der anschließenden Diskussion - immer wieder zum Ausdruck. Einig war man sich auch darüber, daß die derzeit auf Reichsbahngebiet raumgreifende Verpackungs-Hysterie zu verurteilen und dagegen anzugehen ist. Es kann nicht angehen, daß "Tetrapack" das bewährte Pfandflaschen-System verdrängt, obwohl man in den "alten" Ländern diesen Schwachsinn erkannt hat und mühsam dabei ist, die Pfandflasche wieder einzuführen. Mit dem "Abfallmonat September" will der BUND Thüringen in vielen zentralen und regionalen Aktionen dem äußerst brisanten Problem Rechnung tragen und eine breite Öffentlichkeit, die sich für eine vernünftige Politik einsetzt, schaffen.

Schwerpunkt des Vorstandsberichtes (gegeben vom Landesvorsitzenden, Ralf-Uwe Beck) stellte die Verbandsentwicklung dar. Die derzeit ca. 350 Mitglieder des BUND Thüringen sind in zehn Kreisverbänden und etlichen Ortsgruppen organisiert, wobei momentan zahlreiche weitere Orts- und Kreisverbände in Gründung sind. Der BUND wird also in Kürze flächendeckend in Thüringen vertreten sein.

Durch die Anerkennung gemäß §29 des Bundesnaturschutzgesetzes ist nun auch der BUND Thüringen zu einem notwendigen Kontrollgremium in der Planung von Bauvorhaben in Thüringen geworden. Dem BUND Thüringen ist demnach Gelegenheit zur Äußerung zu geben bei der Vorbereitung von naturschutzrelevanten Verordnungen, Programmen und Plänen etc. sowie in Planfeststellungsverfahren, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind. Beck mahnte in diesem Zusammenhang energisch die behördlichen Praktiken bezüglich dieser "§29-Anerkennung" an; daß Erörterungstermine der Landesgeschäftsstelle vielfach zu spät bekanntgegeben werden bzw. eine Beteiligung bei zahlreichen Bauprojekten völlig unterblieb, wird durch den BUND Thüringen nicht widerstandslos hingenommen.

Die Vielzahl der in die Versammlung eingebrachten Anträge zeigte zum einen, daß wir noch immer im ökologischen Notstandsgebiet leben, zum anderen ist sie aber auch ein Parameter für die fleißige und kritische Arbeit in den einzelnen BUND-Gruppen. Auch hier ging es vornehmlich um ökonomische Projekte, also darum, wie ökologische Belange an entsprechender Stelle eingeklagt werden können. So kam beispielsweise aus dem Kreisverband Nordhausen scharfer Protest gegen die Praktiken der Treuhandanstalt bezüglich des Verkaufs von Gipslagerstätten im Südharz an Industrieunternehmen. Vor dem Hintergrund, daß solchen Unternehmen z.B. in Niedersachsen aus Gründen des Landschaftsschutzes längst die Hände gebunden sind, man also bestrebt ist, rechtliche Unsicherheiten in den "neuen" Ländern schamlos auszunutzen, muß ein derartiges Vorgehen scharf verurteilt werden. Zudem gibt es schon lange andere technische Möglichkeiten der Gipsgewinnung. Der Landesverband Thüringen des BUND wird sich also geschlossen an entsprechender Stelle für den Schutz der bedrohten wertvollen Landschaft und die Einrichtung eines Biosphärenreservates Südharz einsetzen.

Durch den Kreisverband Meiningen wurde ein Antrag zum wirkungsvollen Schutz des ehemaligen Grenzstreifens in die Versammlung eingebracht. Es ist heute bekannt, daß ca. 80 % des ehemaligen Todesstreifens ökologisch so wertvoll sind, daß dessen Erhaltung aus Sicht des Biotop- und Artenschutzes größte Bedeutung zukommt. Die aus diesem Grunde kurz nach Grenzöffnung erfolgte "einstweilige Sicherung" droht jedoch inzwischen dem enormen Erschließungsdruck (Straßenbau, Gülle- und Bauschuttablagerung, Landwirtschaft, touristische Erschließung) zu erliegen. Es wurde daher in der Versammlung einstimmig beschlossen, daß der BUND Thüringen seine Forderung nach geeigneten Rechtsmitteln zum Schutz des ehemaligen Grenzstreifens an die Landesregierung heranträgt.

Ein Verordnungsentwurf zur Bestimmung von Zuständigkeiten im Natur- und Umweltschutzbereich wurde durch den Kreisverband Sonneberg scharf kritisiert. Diese Verordnung hätte zur Folge, daß die derzeit bestehenden Befugnisse der Landratsämter zugunsten von landesweit vier zentralen Umweltbehörden stark beschnitten würden, was wiederum einen erheblichen Personalabbau nach sich zöge. Von Bürgernähe könnte mit diesem Modell zudem keine Rede mehr sein. Auch hier der einstimmige Beschluß der Versammlungsteilnehmer, sich gemeinsam für die Verhinderung dieser Regelung einzusetzen.

Es wurde wieder einmal mehr deutlich, wie umfassend das Aufgabenspektrum im Natur- und Umweltbereich ist. Um unsere Umwelt in einem lebenswerten Zustand erhalten zu können, bedarf es des Engagements vieler Menschen. Wer sich also in dieses umfassende Betätigungsfeld mit einbringen möchte, kann sich gern in der Landesgeschäftsstelle des BUND Thüringen, Wolfgang 35, 5900 Eisenach, näher informieren.  

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