BUND-Trinkwassertests: In 42 von 46 Stichproben aus ganz Deutschland wurden PFAS nachgewiesen – alle drei Thüringer Proben belastet

04. November 2025 | BUND, Chemie, Flüsse & Gewässer, Umweltgifte, Ressourcen & Technik, Naturschutz

Vertreter*innen des BUND Thüringen bei der Wasserentnahme mit dem Bundestagsabgeordneten Michael Hose am 29.09.2025 in Erfurt.  (BUND Thüringen)

Umweltverband fordert Beschränkung der gesamten Stoffgruppe zum Schutz unseres Wassers

  • BUND Thüringen findet PFAS im Trinkwasser von Erfurt und Weimar
  • Auch Grundwasserprobe in Saalfeld belastet
  • PFAS-Belastung stellt Wasserbetriebe vor erhebliche technische und wirtschaftliche Herausforderungen
  • BUND fordert umfassende PFAS-Beschränkung und konsequente Anwendung des Verursacherprinzips

Die Süßwasserressourcen für unsere Trinkwassergewinnung sind zunehmend gefährdet. Aktuelle Stichproben des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigen: In der überwiegenden Mehrheit der untersuchten Trinkwasserproben wurden sogenannte Ewigkeitschemikalien, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), nachgewiesen. Auch in den Proben, die gemeinsam mit Bundestagsabgeordneten in Erfurt, Weimar und Saalfeld entnommen wurde, wurden die Ewigkeitschemikalien – teilweise in hoher Konzentration –gefunden.

Die Konzentration der gesetzlich regulierten Chemikalien liegt bei den Thüringer Proben zwar unter den ab Januar 2026 und 2028 geltenden neuen Grenzwerten der Trinkwasserverordnung. Trotzdem zeigen die Werte, dass die PFAS-Verschmutzung auch in Thüringen angekommen ist. In Weimar lassen sich vor allem Altlasten von dem bereits regulierten Perfluoroctansäure (PFOA) finden, in Erfurt und Saalfeld lassen sich hohe Konzentrationen Trifluoracetat (TFA) nachweisen. PFOA kann das Hormon- und Immunsystem schädigen und steht im Verdacht, Krebs auszulösen, weshalb es strenger reguliert wird. TFA wurde vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in diesem Jahr als fortpflanzungsschädigend eingestuft.

Dr. Burkhard Vogel, Landesvorsitzender des BUND Thüringen: „Der Nachweis von PFAS in den Thüringer Stichproben bereitet uns Sorge – Panik ist jedoch nicht angebracht. Die Grenzwerte für Trinkwasser werden eingehalten. Trinkwasser gilt nach wie vor als das am besten kontrollierte Lebensmittel, viel besser als unser Essen. Uns geht es um Aufklärung und den Schutz von Mensch und Umwelt. Dabei ist jetzt wichtig, PFAS zu beschränken, um die weitere Verschmutzung zu stoppen.“

Von Juni bis Oktober 2025 nahmen BUND-Aktive aus ganz Deutschland stichprobenartig 46 Trinkwasserproben. In Thüringen trafen sich Mitarbeitende des BUND Thüringen mit den Bundestagsabgeordneten Michael Hose (CDU), Diana Herbstreuth (CDU) und Bodo Ramelow (Die Linke) zur Probenahme in ihren jeweiligen Wahlkreisen in Erfurt, Saalfeld und Weimar. 

PFAS sind leider längst Teil unseres örtlichen Wasserkreislaufs. Das hat gravierende Folgen – die Aufbereitung von sauberem Trinkwasser wird immer schwieriger und teurer. Diese Kosten dürfen nicht die Bürgerinnen und Bürger tragen. Wir fordern die Kommunen auf, die Verantwortlichen ausfindig zu machen und sie an den Kosten zu beteiligen“, so Vogel weiter.

Deutschlandweit wurden in 42 der 46 Stichproben PFAS gefunden – und damit in nahezu allen untersuchten Proben. Die Proben sind jeweils nur örtlich und zeitliche Stichproben aus den genannten Städten und bilden je nach Wassernetz nicht die Situation in der ganzen Stadt ab. Immerhin in vier Trinkwasserproben konnten keine PFAS nachgewiesen werden. Ein Großteil des Trinkwassers in Deutschland wird aus Grundwasser gewonnen.

Altlasten, aber auch zugelassene kurzkettige „Ersatzstoffe“ weit verbreitet

Am häufigsten und in den höchsten Konzentrationen wurden bisher nicht regulierte PFAS gefunden, welche teils als „Ersatzstoffe“ für die weniger als 20 regulierten PFAS eingesetzt werden: Trifluoracetat (TFA), Perfluorbutansäure (PFBA) und Perfluorpropansäure (PFPrA). Letztere Substanz läuft bisher gänzlich unter dem Radar der Behörden und ist auch in keinen zukünftigen Messprogrammen vorgesehen.

Neue PFAS-Grenzwerte für Trinkwasser

Im Januar 2026 und 2028 treten neue PFAS-Grenzwerte für Trinkwasser in ganz Deutschland in Kraft. Die Einhaltung dieser PFAS-Grenzwerte stellt Wasserbetriebe vor erhebliche technische und wirtschaftliche Herausforderungen. Die derzeit verfügbaren Verfahren zur PFAS-Entfernung sind teuer, energie- und ressourcenintensiv und überdies bei TFA nur begrenzt wirksam.

Dr. Burkhard Vogel: „Wasserversorger dürfen nicht länger die Folgen einer verfehlten Chemikalienpolitik ausbaden. PFAS lassen sich im Trinkwasser nur mit großem Aufwand entfernen – doch unsere Lebensmittel, Böden und Gewässer sind dieser Belastung schutzlos ausgeliefert. Dabei stehen längst Alternativen bereit, zum Beispiel in der Textilproduktion, in Pfannenbeschichtungen oder bei Kältemitteln. Nur eine konsequente PFAS-Beschränkung kann die Umweltverschmutzung eindämmen. Jetzt braucht es entschlossenes politisches Handeln – für unsere Gesundheit und eine saubere Zukunft.“

PFAS werden massenhaft eingesetzt, die Konzentrationen in unseren Körpern und der Umwelt steigen stetig an. Im August veröffentlichte der BUND eine Auswertung zur PFAS-Belastung von Lebensmitteln. Auch Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen schlagen Alarm. Studien belegen ihren Effekt auf den Körper bei ständiger, langfristiger Einnahme. Folgen können ein erhöhter Cholesterinspiegel oder ein größeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, Leberschäden oder ein geschwächtes Immunsystem.

BUND-Forderung: PFAS beschränken – Wasserressourcen schützen

  • Schnellstmögliche Beschränkung der gesamten PFAS-Gruppe
  • konsequente Anwendung des Verursacherprinzips bei der Aufbereitung und Sanierung von kontaminiertem Wasser und Böden,
  • eine vorsorgeorientierte Chemikalienpolitik zum Schutz von Umwelt und Gesundheit.

Hintergrund:

PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine Gruppe von über 10.000 synthetischen Chemikalien, die aufgrund ihrer extremen Langlebigkeit als Ewigkeitschemikalien gelten. Ihre Langlebigkeit führt dazu, dass sie über Jahrzehnte in der Umwelt bleiben und in Flüsse, Böden, Lebensmittel und letztlich in den menschlichen Körper gelangen. Wegen ihrer fett-, wasser- und schmutzabweisenden Wirkung werden sie häufig eingesetzt, etwa bei Anti-Haft beschichteten Pfannen, Outdoor-Textilien, Teppichen, aber auch in Pestiziden und Kältemitteln. Auch in Deutschland werden PFAS in großen Mengen hergestellt, so etwa in Leverkusen von Covestro, Bayer und Momentive, in Bad Wimpfen von Solvay, in Frankfurt am Main von Daikin und in Burgkirchen an der Alz von Dyneon, Archroma und W.L. Gore.

Bisher ist lediglich die Produktion und Verwendung von weniger als 20 der über 10.000 PFAS-Einzelsubstanzen reguliert. Die Verwendung von PFAS in Feuerlöschschäumen ist ab Oktober 2030 beschränkt. Eine Beschränkung der gesamten Gruppe wird zurzeit auf EU-Ebene diskutiert. 

Für Trinkwasser treten ab 2026 ein Grenzwert für die Summe von 20 PFAS in Kraft, zudem ein strikterer für die Summe von vier PFAS ab 2028. Für Lebensmittel gelten lediglich Grenzwerte für vier PFAS, welche je nach Lebensmittel, zum Beispiel bei Fisch, sehr hoch angesetzt sind.

Bereits heute sind Menschen im Alltag zu hohen Konzentrationen von Ewigkeitschemikalien ausgesetzt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stellte 2021 unter Verwendung der Daten aus den Überwachungsprogrammen der Bundesländer fest, dass die täglich aufgenommene PFAS-Menge bereits über dem gesundheitlich kritischen Wert liegt und eine Beeinträchtigung des Immunsystems durch die Chemikalien nicht ausgeschlossen werden kann.

Der BUND hatte bereits im August 2025 eine Untersuchung zur PFAS-Belastung von Lebensmitteln veröffentlicht. Diese zeigte erhöhte Konzentrationen insbesondere in Fischen, Innereien und Hühnereiern aus Hobbyhaltungen.

Hinweis

Als Umweltverband ist der BUND ein früher Risikoanzeiger, wenn es um Verbraucherthemen geht. Der Verband bearbeitet mit Fachleuten Themen, bei denen eine potentielle Gesundheitsgefahr entweder gesichert ist, wie bei einigen gut untersuchten Ewigkeitschemikalien PFAS, oder wo dieses zumindest strittig ist, wie bei Glyphosat. Über Tests und Stichproben macht der BUND auf kritische Entwicklungen aufmerksam, fordert die Politik zum Handeln auf und macht damit das Vorsorgeprinzip stark. Ganze Testprogramme kann der Verband nicht finanzieren. Diese sind zudem Aufgabe des Staates.

Informationen:

Pressekontakt:
Anne Werner | Kerstin Neumann, Tel.: 0361 5550314, Mobil: 0176 13338564 oder 0176 13338510, presse(at)bund-thueringen.de

 

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