Landesverband Thüringen e.V.
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Der BUND Thüringen tritt für die vollständige Erhaltung der ehemaligen unterirdischen Raketenfabrik beim Konzentrationslager "Dora-Mittelbau" bei Nordhausen als Mahnstätte und für einen Verzicht auf den dort geplanten weiteren Gipsabbau ein

09. August 1991 | Naturschutz, Lebensräume

Eisenach. Zum geschichtlichen Hintergrund: Im Jahr 1943 verlegten die Nationalsozialisten die Raketenproduktion der Vergeltungswaffen "V 1" und "V 2" nach der Bombardierung von Peenemünde in den Berg Kohnstein im Südharz zwischen Göttingen und Halle. Westlich des Nordheimer Ortsteils Krimderode entstand so die weltweit größte unterirdische Waffenfabrik. Die notwendigen Arbeitskräfte mußte das KZ Dora-Mittelbau entsenden, das für 60.000 Menschen vor den Toren des Berges eingerichtet wurde. Circa 20.000 von ihnen starben an den unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der versteckten Raketenfabrik; sie mußten über Monate unter mörderischen Bedingungen und ohne Sonnenlicht im Berg arbeiten, wo sie auch schliefen und wo noch tausende von Gräbern zu vermuten sind. Nach Kriegsende wurden die Eingänge des den ganzen Berg durchziehenden Stollensystems gesprengt und damit die Arbeits- und Lebensbedingungen der KZ Häftlinge im Berg wie in einer Momentaufnahme konserviert.

Heute wollen die Leuna-Werke durch die "Harzer Anhydritwerke" diesen Berg zum Abbau des Gipsproduktes Anhydrit abtragen. Dem Argument der Erhaltung von 200 Arbeitsplätzen zeigt sich die thüringische Landesregierung aufgeschlossen und bietet als "Kompromiß" zwischen dem historischen Denkmal und den Wirtschaftsinteressen an, den Mittelteil des Berges abzubauen und auf der Sohle des Tagebaus das dann zerstörte Stollensystem aufzuzeichnen.

Der BUND Thüringen sieht in der unterirdischen Waffenschmiede ein traurig einzigartiges Zeugnis der deutschen Geschichte und Schuld, das als ewige Mahnung für die folgenden Generationen erhalten werden muß. Wer die Baracken in Ausschwitz gesehen hat, kann erahnen, welchen Eindruck die vollständig erhaltenen Massenunterkünfte und Rüstungsarbeitsplätze auf zukünftige Besucher hinterlassen werden. Die Einrichtung einer "Geschichtslernwerkstatt" deutscher Schuld gegenüber Millionen getöteter Juden drängt sich an dieser Stätte des Leidens zwingend auf.

Der BUND Thüringen fordert daher nicht nur den Verzicht auf den Gipsabbau, sondern auch die Öffnung des Stollensystems für Besucher und die Einrichtung einer Bildungs- und Begegnungsstätte.
Ein Konzept hierfür läßt der BUND Thüringen derzeit entwickeln. Mit Entsetzen bewertet der BUND die Bereitschaft der thüringischen Landesregierung, auch nur Teile dieses Mahnmals einer Verletzung der Menschlichkeit abtragen und als Baustoff verkaufen zu lassen. Mit einer bloßen Verdrängung deutscher Schuld am Tod von Tausenden von Juden allein ist es nicht mehr erklärbar, wenn so die Grabstätten der 20.000 Häftlinge des KZ Dora-Mittelbau in handelsüblichen Gipstüten verpackt im Wohnungsbau verwendet werden sollen.

Dieser Kniefall der thüringischen Landesregierung wird beziehungsreich den seit Ausschwitz unrühmlich bekannten Leuna-Werken dargeboten; das "Arbeitsplatz-Argument" wird zur Tilgung einer geschichtlich einzigartigen Erinnerungsstätte mißbraucht.

Der BUND Thüringen ruft gegen eine solche Verleugnung der Massenvernichtung die demokratischen Institutionen zu einem Aktionsbündnis zur Erhaltung des historischen Mahnmals des Berges Kohnstein bei Nordhausen auf. Mit gemeinsamen Protesten soll erreicht werden, daß der Berg als Denkmal fehlender Kultur und Menschlichkeit erhalten und durch den Gesetzgeber unter Schutz gestellt wird und das Stollensystem ähnlich wie Buchenwald und Ausschwitz den Besuchern eröffnet wird. 

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