Landesverband Thüringen e.V.
Mitglied werden Jetzt spenden
Landesverband Thüringen e.V.
Gartenschläfer nagt an Walnuss

Zwischenstand: Drei Jahre "Spurensuche Gartenschläfer"

In den ersten drei Jahren lag der Fokus auf der Forschung. Das Besondere daran ist die Verbindung von klassischer Forschung mit dem „bürgerwissenschaftlichen“ Ansatz der Citizen Science. Über das ehrenamtliche Engagement der Spurensuchenden gelang es unzählige Daten und Proben zu gewinnen, die nun umfänglich ausgewertet wurden und wertvolle Hinweise zur Entwicklung von Schutzmaßnahmen liefern.

Zusammengefasst

  • Insgesamt 13.779 Datensätze befinden sich in der im Projekt aufgebauten Bilchdatenbank.
  • 1382 Proben wurden genetisch ausgewertet. Genetische Unterschiede der diversen in Europa vorkommenden, geografisch getrennten Linien scheinen nicht ursächlich für die Bestandsrückgänge.
  • Durchgeführte Telemetrien in unterschiedlichen Lebensräumen identifizieren für den Gartenschläfer wichtige Habitatstrukturen. Für den Lebensraum "Wald" sind das Felsen und Beerensträucher.
  • 1000, auf Nahrungsbestandteile ausgewertete, Kotproben zeigen, dass der Gartenschläfer ein Generalist ist, der sich gut an das vorhandene Nahrungsangebot anpassen kann.
  • Die Untersuchung von 110 Leberproben auf persistente organische Schadstoffe und Pestizide ergab, dass sich in ALLEN Proben mindestens vier und max. 15 Wirkstoffe nachweisen ließen.

Broschüre "Natura 2000"

Praxisbeispiele

Verbreitung

Verbreitung des Gartenschläfers in Deutschland. Nachweise seit 2018, Stand: 2022.

In der „Spurensuche Gartenschläfer“ wurde erstmals die Verbreitung in Deutschland systematisch erfasst. Möglich wurde dies mit großer Unterstützung der Bevölkerung: Mehr als 6.000 Hinweise auf Gartenschläfer sind auf der Online-Meldestelle innerhalb von zwei Projektjahren eingegangen, darunter mehr als 4.000 belegte Meldungen mit Fotos, Videos oder Audionachweisen. Ergänzt wurden diese Hinweise durch gezielte Untersuchungen mittels Wildtierkameras, Nistkästen und Spurentunneln.

Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Schwerpunkt der Verbreitung im südwestlichen Deutschland, vor allem im urbanen Raum. Der Rückgang der Bestände in den Wald-Lebensräumen scheint demgegenüber weiterhin stark anzuhalten. Besonders in der Sächsischen Schweiz, im Grenzgebiet Bayern/Tschechien, sowie grundsätzlich in Bayern, Thüringen, aber auch im östlichen Nordrhein-Westfalen sind keine oder nur wenige Nachweise gelungen. Gartenschläfer sind damit offenbar Kulturfolger, die sich den verfügbaren geeigneten Lebensräumen mit passendem Nahrungsangebot und Unterschlupfmöglichkeiten anpassen.

Ursprünglich kam der Gartenschläfer in den allen Bundesländern Süd- und Mitteldeutschlands vor (kein ursprüngliches Verbreitungsgebiet: Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Brandenburg). In einigen Regionen wurden bereits vor Start des Projekts deutliche Bestandsrückgänge dokumentiert, z.B. für Sachsen: Mitte des 19. Jahrhunderts kam der bunte Bilch noch bis in die Tieflagen im Osten dieses Bundeslandes vor. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts war er dann nur noch in den Hochlagen im Süden Sachsens verbreitet. Nach und nach verschwanden die Vorkommen an den Rändern und der letzte Gartenschläfer wurde in der Sächsischen Schweiz im Jahr 2006 beobachtet. Trotz intensiver Suche konnten seither keine Gartenschläfer in Sachsen mehr gefunden werden.

Lebensräume

Was haben wir herausgefunden?

Gartenschläfer-Lebensraum Schieferhalde im Thüringer Schiefergebirge Der Gartenschläfer ist in vollkommen unterschiedlichen Lebensräumen heimisch. Gemeinsam haben sie jedoch, dass sie viele Versteckmöglichkeiten bereithalten und häufig durch Fels und Gestein gekennzeichnet sind. Mit Telemetriestudien konnten wir ihre Lebensräume und ihr Verhalten jeweils genauer untersuchen.  (Sven Büchner)

„Steinreich und ein bisschen durcheinander“

In milden und urbanen Regionen häufig
Im Südwesten Deutschlands ist er vor allem als Kulturfolger im Siedlungsbereich, in Gärten, Weinbergen und auf Obstwiesen, aber auch in Laubwäldern in milden Lagen zu finden. Dort sind die Bestände stellenweise recht hoch. Allerdings ist, anders als zuvor vermutet, die Verbreitung in Baden-Württemberg nur gering. Damit ist die Verbreitung in Südwestdeutschland deutlich punktueller als erwartet.

In den Städten ist der Gartenschläfer vor allem auf Schrebergärten, breitere Heckenstrukturen, grüne Fassaden und alte Gebäude angewiesen, die ihm ausreichend Schutz und Nahrungsmöglichkeiten liefern. Der Gartenschläfer scheint sich erfolgreich an ein Leben im städtischen Raum in der derzeitigen Gestalt angepasst zu haben.

Angesichts der hohen Verbreitungszahlen der Gartenschläfer in einigen Städten Südwestdeutschlands ist zu vermuten, dass dieser urbane Lebensraum eine Art „Arche“ für diese Art darstellen könnte, die in ihren natürlichen Lebensräumen immer seltener vorkommt. Eine weitere Verdichtung und Versiegelung der Städte wird jedoch nicht ohne Folgen für den Gartenschläfer bleiben.

Bei Klick vergrößert sich die Karte.

…und selten in kühleren Hochlagen
In der Mitte und im Südosten Deutschlands besiedelt der Gartenschläfer vor allem die Hochlagen der Mittelgebirge, etwa den Brocken im Harz, das Fichtelgebirge und der Bayerische Wald. Hier kann man ihn in Nadelwäldern, Schlucht- und Hangmischwäldern sowie Blockschutthalden finden. Der Gartenschläfer nutzt die Felsstrukturen und vorhandenes Totholz für Verstecke sowie Beerensträucher als Nahrungsquelle. Totholz ist zudem ein wesentlicher Lebensraum für Insekten – ein weiterer zentraler Nahrungsbestandteil des Gartenschläfers.

In diesen Lebensräumen ist der Gartenschläfer jedoch nur noch so selten anzutreffen, dass die Forscher*innen und Naturschützer*innen der „Spurensuche Gartenschläfer“ befürchten, ein regionales Aussterben zu beobachten. In diesen Lebensräumen findet seit rund 200 Jahren eine erhebliche Umgestaltung statt: Eine immer weiter intensivierte Forstwirtschaft schuf eine neue Gestalt von Wald: Fichten-Monokulturen ohne Strukturvielfalt, die mit schwerem Gerät bewirtschaftet und Insektiziden und Rodentiziden ausgesetzt werden. Die trockenen Sommer 2018 bis 2020 haben hier ein beispielloses Baumsterben ausgelöst. Für den Gartenschläfer und andere Arten, die in diesem Lebensraum beheimatet sind, ist der Wald deshalb bereits lange vor dem aktuellen Waldsterben, immer unwirtlicher geworden.

Wie sind wir vorgegangen?
Durch mehrere Telemetrie-Studien in unterschiedlichen Lebensräumen des Gartenschläfers konnten wir die jeweiligen Merkmale genauer untersuchen und wichtige Habitatstrukturen erfassen.

Was haben wir noch vor?
Anhand der zusammengetragenen Daten wird derzeit ein Habitatmodell für den Gartenschläfer in Deutschland erstellt. Dieses zeigt bundesweit, inwieweit die Regionen als Lebensräume geeignet und damit auch, wie wahrscheinlich es ist, dass die Art vorkommt oder erfolgreich wiederangesiedelt werden kann. Berücksichtigt werden dabei z.B. Temperaturverläufe, Niederschlagsverteilung, Vegetation und weitere Faktoren.

Ansprechpartner

Portrait Thomas Mölich rund leiter Wildkatzenbüro BUND Thüringen

Thomas Mölich

Projektleitung
E-Mail schreiben Tel.: 036254 / 649150 Mobil: 0170 / 3072540

Anita Giermann

Projektkoordination
E-Mail schreiben Tel.: 0361 / 5550341

Gute Gartenschläfer-Lebensräume bieten …

  • Ausreichend viele sichere Verstecke
  • Verstecke und Nahrung auf kleinem Raum
  • Dichte Vegetation als Schutz und trotzdem Platz am Boden
  • Entweder kalte Winter (Hochlagen) oder warme und gleichzeitig nahrungsreiche Winter (Tieflagen)

Telemetrie

Telemetrie des Gartenschläfers im Harz Zwei Studentinnen "verfolgen" besenderte Gartenschläfer, um mehr über den Lebensraum der Bilche zu erfahren. Die Gartenschläfer bekommen dazu einen winzigen Sender umgehängt. Mit einer besonders empfindlichen Antenne lässt sich dessen Signal aufspüren. Mit einer Peilung von mehreren Punkten aus weiß man, wo das Tier gerade ist: dort, wo sich die Peilungen kreuzen.  (Rosie Koch / Nona Naturedocx)

Im Rahmen der “Spurensuche Gartenschläfer” fanden aufwändige Telemetriestudien bislang im Nationalpark Harz sowie in den Städten Wiesbaden und Köln statt. Somit konnten wir in den beiden Lebensräumen das Verhalten der Tiere und die „Habitatrequisiten“ untersuchen. Dies sind Strukturen wie sichere Schlafplätze oder Orte für die Jungenaufzucht, die die Art benötigt oder für ein Vorkommen förderlich sind.

Ein Unterschied fiel besonders auf: Gartenschläfer in der Stadt haben deutlich kleinere Streifgebiete als ihre Verwandten im Wald – zum Teil sind sie nur halb so weit ausgedehnt. Vermutlich liegt das vor allem an der besseren Nahrungsverfügbarkeit in der Stadt.

In beiden Lebensräumen wurde dagegen deutlich, dass die Gartenschläfer nachts für ihre Wanderungen solche Strukturen nutzen, die ihnen sowohl Schutz vor Feinden als auch Nahrung bieten. In der Stadt waren dies überwiegend breitere Hecken, im Harz waren es Felsspalten und Beerensträucher. Den Tag verbringen die Gartenschläfer in Verstecken, die einen auch hohen Schutz vor Feinden, aber auch gleichbleibende Temperaturen bieten, darunter Totholzhaufen, Hecken, Rankpflanzen an Gebäuden, Nistkästen und Gebäude.

Wanderwege oder Nebenstraßen stellen keine unüberwindbaren Barrieren dar.

Was bedeutet das für den Schutz des Gartenschläfers?
Die Ergebnisse der Telemetrie weisen darauf hin, dass in der Stadt die Fassadenbegrünung, Hecken und andere Stadtnatur sowie der Erhalt alter Gebäuden entscheidend sein können, um den Gartenschläfer in diesem Lebensraum zu schützen. Im Wald können der Schutz von Felsstrukturen sowie heimische Beerensträucher dem Schutz der Art dienen.

Grundsätzlich jedoch sind es die Menschen – als Privatpersonen und Entscheidungsträger*innen – die eine zentrale Rolle innehaben für den Schutz der Art. Hier kann das Projekt aktiv werden, informieren, Angebote entwickeln und Anregungen bereithalten.

Was war der Anlass für telemetrische Untersuchungen?
Gartenschläfer sind nachtaktiv und entziehen sich einer einfachen Beobachtung. Das ist ein Grund dafür, warum so wenig über ihre Lebensweise und ihr Verhalten bekannt ist.

Neben vielen anderen Forschungsmethoden kam in unserem Projekt auch die Telemetrie zum Einsatz. Dazu wurden den Tieren winzige Funkhalsbänder umgehängt, deren Signale über mehrere Wochen lang geortet werden können.

Wie kommen wir an die Tiere?
Zunächst werden freilebende Tiere gefangen und besendert. Dies darf nur mit Ausnahmegenehmigung der zuständigen Behörden erfolgen. Mit großer Vorsicht wird den Tieren ein Sender angelegt, der sie so wenig wie möglich stört. Nach einiger Zeit wird ihnen der Sender wieder vorsichtig abgenommen.

Zu einem späteren Zeitpunkt kann auch der Erfolg von Wiederansiedlungen von Tieren aus Wildtierauffangstationen mittels Telemetrie überprüft werden.

Genetik

Genomische Rohdaten. Alina von Thaden Mit molekulargenetischen Untersuchungen sollte im Rahmen des Projekts der genetische Status der Gartenschläfer in Deutschland entschlüsselt werden. Die Hoffnung dabei war, dass in ihrer Genetik Hinweise auf die Ursachen des Rückgangs der gefährdeten Schlafmaus zu finden sind.

Was haben wir herausgefunden?
Insgesamt wurden in der „Spurensuche Gartenschläfer“ fast 1.400 Proben von Gartenschläfern genetisch ausgewertet. Darunter Haar- und Kotproben, aber auch Proben von Totfunden. Möglich war dies durch die große Unterstützung von Freiwilligen, die den größten Teil dieses Forschungsmaterials der Wissenschaft zugänglich gemacht haben.

Genetische Vielfalt in Deutschland…
Die Analysen der Proben ergaben eindeutige genetische Unterschiede zwischen den geografisch voneinander getrennten Populationen der Gartenschläfer in Deutschland. So können die Gartenschläfer eindeutig ihren Regionen zugeordnet werden, zum Beispiel der Population im Harz oder einer der Populationen in Hessen. Die Unterschiede sind jedoch nicht so erheblich, dass man von verschiedenen Unterarten in Deutschland sprechen könnte.

Nicht erkennbar ist in den genetischen Analysen eine Form von genetischer Verarmung – dies war eine Vermutung zu Beginn des Projekts „Spurensuche Gartenschläfer“. Hier hätte ein Grund für das Verschwinden von einzelnen Populationen liegen können. Bestätigt hat sich dies jedoch nicht.

In den Hochlagen der Mittelgebirge ist zwar eine geringere genetische Vielfalt bei den Tieren erkennbar. Dies scheint jedoch eher ein Symptom der Bestandsrückgänge zu sein als eine Ursache.

…und eindeutig verschleppte Tiere
Ein offenbar häufiges Phänomen bei den Gartenschläfern ist die sogenannte Verdriftung, d.h. die Tiere werden i.d.R. unbeabsichtigt vom Menschen in andere Regionen gebracht.  Das kann etwa beim Warentransport auf LKWs oder bei Bahntransporten passieren, z. B. wenn sich Tiere zwischen den Waren verstecken. Die verdrifteten Gartenschläfer unterscheiden sich dann genetisch meist deutlich von der Population, in der sie ankommen.

Was bedeutet das für den Schutz des Gartenschläfers?
Die genetische Vielfalt zu wahren, ist Teil des Schutzes der Biodiversität. Deshalb ist eine Zuordnung aufgefundener Tiere zu den verschiedenen genetischen Linien in Deutschland wertvoll. So können die Tiere in den richtigen Regionen wieder ausgesetzt werden.

Angesichts der geringeren genetischen Vielfalt der Gartenschläfer in den Mittelgebirgen – und der dortigen sehr geringen Bestände – stellt eine kleinräumige Vernetzung der lokalen Populationen, etwa zweier Waldgebiete über eine Heckenstruktur eine sinnvolle Schutzmaßnahme dar, um die dortigen Bestände und die genetische Vielfalt vor Ort zu stärken.

Was bedeutet das für den Schutz des Gartenschläfers?
Die genetische Vielfalt zu wahren, ist Teil des Schutzes der Biodiversität. Deshalb ist eine Zuordnung aufgefundener Tiere zu den verschiedenen genetischen Linien in Deutschland wertvoll. So können die Tiere in den richtigen Regionen wieder ausgesetzt werden.

Angesichts der geringeren genetischen Vielfalt der Gartenschläfer in den Mittelgebirgen – und der dortigen sehr geringen Bestände – stellt eine kleinräumige Vernetzung der lokalen Populationen, etwa zweier Waldgebiete über eine Heckenstruktur eine sinnvolle Schutzmaßnahme dar, um die dortigen Bestände und die genetische Vielfalt vor Ort zu stärken.

Was war der Anlass zur Untersuchung der Gartenschläfer-Genetik?

 (Kerstin Hinze)

Bereits vor dem Projektbeginn 2018 war deutlich, dass die Entwicklungen der Gartenschläfer-Populationen in Mittel- und Ostdeutschland einerseits und im Südwesten Deutschlands andererseits sehr unterschiedlich erscheinen: Während die Schlafmäuse im Osten aus vielen Regionen verschwanden, wirkte es im Südwesten so, als würden sie sich weiter ausbreiten. Hier sollte untersucht werden, ob sich dahinter deutliche genetische Unterschiede, genetische Verarmung o.Ä. verbirgt.

Zudem war bereits bekannt, dass beim Gartenschläfer besonders viele unterschiedliche chromosomale Formen existieren. Wie stark diese Unterschiede sind, entscheidet auch über die Gestaltung der Schutzmaßnahmen, etwa darüber, welche Populationen man durch Vernetzung von Lebensräumen wieder zusammenführt.

Ziel der Forschung war dabei, die genetische Verbreitungsgeschichte des Gartenschläfers in Deutschland zu untersuchen, um mögliche Ursachen für die Rückgänge aufzudecken. Zur Unterstützung der Auswilderung und Wiederansiedlung wurde zudem ein hoch-spezifisches genetisches Markersystem für die Unterscheidung der vielfältigen Gartenschläfer-Formen entwickelt. Eine bundesweite Gendatenbank für die Tierart Gartenschläfer in Deutschland soll die gezielte Naturschutzarbeit grundsätzlich dauerhaft unterstützen.

Nahrung

Was haben wir herausgefunden?

Unsere Spezialist*innen in der Forschung erkennen in den Kotproben unter dem Mikroskop winzige Nahrungsreste und können diese zuordnen. Das lässt zwar keine Rückschlüsse zu, wie viel der Gartenschläfer von der jeweiligen Nahrung gefressen hatte (z.B. nur ein Stückchen oder die ganze Kirsche). Aber immerhin sehen wir, wie oft eine bestimmte Nahrung auf dem Speiseplan stand.  (Kerstin Hinze)

Gartenschläfer sind nicht sehr wählerisch
Nach der Auswertung von 1.000 Kotproben auf die Nahrungsbestandteile hin zeigte sich ein eindeutiges Bild: In fast allen Proben fanden sich sowohl pflanzliche als auch tierische Bestandteile. Darunter einerseits süße Früchte wie Brombeere, Himbeere und Blaubeere und andererseits Gliederfüßer wie Insekten, Tausendfüßer und Spinnen.

Die Bestandteile der Nahrung waren je nach Region sehr unterschiedlich, aber immer sehr vielfältig. Das zeigt, dass der Gartenschläfer in der Nahrung kein Spezialist, sondern eindeutig ein Generalist ist. Das heißt, er kann sich gut an vorhandene Nahrungsressourcen anpassen.

Auswirkungen des Insektensterbens
Die Analysen zeigen zwar, dass sich der Gartenschläfer an das vorhandene Nahrungsangebot recht flexibel anpassen kann. Ein fester Bestandteil seiner Nahrung sind aber Insekten, die in fast jeder Probe nachgewiesen wurden. Deshalb ist davon auszugehen, dass der starke Rückgang der Insekten Einfluss auf die Art hat.

Was bedeutet das für den Schutz des Gartenschläfers?
Strukturvielfalt im Wald und auch in Städten und Gärten ist wichtig für den Gartenschläfer. Sie bieten ihm das notwendige Nahrungsspektrum. Dazu gehören fruchttragende Sträucher und Hecken, v.a. heimische Beerensträucher. Diese bieten nicht nur selbst Nahrung, sondern können den Lebensraum selbst erheblich aufwerten. Und eine höhere Strukturvielfalt bedeutet wiederum einen vielfältigeren Lebensraum für Insekten & Co.

Mit Hecken und Gehölzsäumen können darüber hinaus auch mehrere getrennte Lebensräume wieder miteinander verbunden werden – besonders relevant bei kleineren, voneinander isolierten Populationen wie in den Mittelgebirgen.

Was war der Anlass zur Untersuchung der Nahrung?
Nahrung ist eine der bedeutendsten Ressourcen, die für das Vorkommen einer Tierart ausschlaggebend ist. In verschiedenen Untersuchungen vor der „Spurensuche Gartenschläfer“ wurde vermutet, dass der Rückgang des Gartenschläfers mit Änderungen seiner Nahrungsgrundlagen zu tun haben könnte. Bereits in den 1980er Jahren wurde in diesem Zusammenhang auf den Insektenrückgang hingewiesen.

Wie kamen wir an das Forschungsmaterial?
Die Nahrungsanalysen wurden anhand von Kotproben vorgenommen, die bei der Kontrolle von Nistkästen gesammelt wurden, in denen Gartenschläfer leben. Diese Kontrollen wurden überwiegend von Freiwilligen übernommen, die das Projekt als Citizen Scientists mit großem Erfolg unterstützten.

Krankheiten und Todesursachen

Was haben wir herausgefunden?

Entnommene Gartenschläferleber zur Untersuchung auf Giftstoffe Nachdem Pilzinfektionen, Bakterien, Viren oder Organveränderungen als Rückgangsursache ausgeschlossen werden konnten, wurden Gartenschläfer-Lebern auf Gifte untersucht.  (Sven Büchner)

Um dem Verschwinden des Gartenschläfers auf die Spur zu kommen, untersuchten wir auch Todesursachen sowie Krankheiten und andere Belastungen. Gibt es hier Hinweise, was dem Gartenschläfer derart zusetzt?

Die bisherigen Analysen in der „Spurensuche Gartenschläfer“ zeigen keine Hinweise auf Infektionen durch Pilze, Bakterien oder Viren bei den untersuchten Totfunden. Auch Prädatoren, also natürliche Feinde, oder invasive Arten in der freien Wildbahn scheinen keine relevante Rolle auf Populationsebene zu spielen. Allerdings fallen in den Siedlungen viele Gartenschläfer den Hauskatzen zum Opfer.

Die Rolle von Pestiziden wird noch intensiv untersucht. Es ist aber davon auszugehen, dass etwa der Einsatz von Rattengift in Gärten und städtischen Räumen nicht ohne Folgen für die dort lebenden Gartenschläfer ist.

Warum untersuchten wir Krankheiten und Todesursachen der Gartenschläfer?
Seit einigen Jahren wird die Bedeutung von Krankheiten als Ursache für den Rückgang bestimmter Tierarten in der Forschung stärker berücksichtigt. Bekannte Beispiele sind der Rückgang des Eichhörnchens in England, der auf ein Virus zurückzuführen ist, das von nicht-heimischen Grauhörnchen übertragen wird oder der Rückgang von Feuersalamandern in Westeuropa, die an einem eingeschleppten Hautpilz erkranken.

Wie sind wir an das Forschungsmaterial gekommen?
Immer wieder werden Gartenschläfer von Beutegreifern, wie dem Fuchs, einer Hauskatze oder einer Eule getötet. Manches Mal kommt es dann vor, dass diese Tiere nicht gefressen werden, sondern tot liegen bleiben oder von der Hauskatze nach Hause gebracht werden.

Werden verletzte Gartenschläfer in einer Wildtierstation eingeliefert, kann diesen Tieren zudem nicht immer geholfen werden. Andere sterben dort aus noch ungeklärten Ursachen.

All diese toten Tiere konnten als Untersuchungsmaterial für die „Spurensuche Gartenschläfer“ wichtige Informationen liefern. Viele Freiwillige unterstützten uns dabei, Totfunde einzusammeln und der Forschung damit zugänglich zu machen. Ohne sie wären diese Untersuchungen nicht möglich geworden

Was passierte mit den toten Gartenschläfern?
Fachkundige Tierärztinnen im Projektteam nahmen jedes tote Tier eingehend unter die Lupe (und das Mikroskop) und führten eine umfassende pathologische Diagnostik durch.

 

Die "Spurensuche Gartenschläfer" ist ein Gemeinschaftsprojekt der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und des BUND.

BUND-Bestellkorb