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Auenschutz ist Hochwasserschutz - BUND Thüringen fordert mehr Freiraum für Flüsse

10. Januar 2011 | BUND

Erfurt. Alle Jahre wieder kommt die große Überraschung: Schneeschmelze und starke Regenfälle bringen die Flüsse zum Überlaufen. Kritisch wird dies dann, wenn die Wassermengen nicht nur Wald, Wiesen und Weiden überfluten, sondern Siedlungsbereiche erreichen. Doch die massiven Schäden, die Privatmenschen, Versicherungen und Steuerzahler jedes Jahr Millionen kosten, müssten nicht sein:
Seit langem fordert der BUND umfassende Maßnahmen des ökologischen Hochwasserschutzes: „Statt Unsummen in die Schadensbehebung und den technischen Hochwasserschutz zu stecken, muss vorrangig ökologischer Hochwasserschutz umgesetzt werden“, fordert Ron Hoffmann, Vorsitzender des BUND Thüringen. „Dieser trägt gleichzeitig zur Erhöhung der Artenvielfalt in der Aue und zur Verminderung des Stoffeintrags in Grund- und Oberflächenwasser bei.“
Nach diversen Hochwasserkatastrophen haben auch Wasserwirtschaftler und Behörden zunehmend die Bedeutung des ökologischen Hochwasserschutzes erkannt. Entsprechende Maßnahmen werden aber aus verschiedenen Gründen nur zögerlich umgesetzt. Der BUND Thüringen fordert:

  • Hochwasserschutzmaßnahmen müssen dringend mit den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie abgestimmt sein, die bis 2015 das Erreichen eines guten ökologischen Gewässerzustands aller Oberflächengewässer fordert
  • Ein Verbot der Ackernutzung in festgesetzten Überschwemmungsgebieten muss durchgesetzt und kontrolliert werden. Mit dem Kippen der Gewässerrandstreifenregelung wurden die letzten wichtigen Pufferzonen an Thüringer Fließgewässern zerstört. Auch in überschwemmungsgefährdeten Bereichen sollte gezielt auf die Umwandlung von Acker in Grünland hingearbeitet werden.
  • Bebauung in der Aue ist riskant. Ausnahmen vom Bauverbot in Überschwemmungsgebieten müssen restriktiver gehandhabt werden.
  • Es müssen zügig weitere ehemalige Überschwemmungsflächen wiederhergestellt werden. Hier könnten zudem wichtige Auwaldlebensräume entstehen, die nicht nur das größte Rückhaltevermögen besitzen, sondern auch seltenen Arten wie Fischotter und Schwarzstorch einen Rückzugsraum bieten.
  • Verbauungen an Fließgewässern müssen zurückgebaut und eine naturnahe Gewässerstruktur wiederhergestellt werden. Durch Rückbau von unnötigen Versiegelungen nicht nur im Auenbereich kann mehr Wasser im Boden zurückgehalten werden.
  • Maßnahmen zur Rückgewinnung von Retentionsflächen aus vorliegenden Konzepten wie z.B. dem Konzept zur Revitalisierung der Unstrut von 2000 sollten geprüft und schnellstmöglich umgesetzt werden.

Hintergrund:
Dass Flüsse periodisch über ihre Ufer treten, ist natürlich. Hochwasserereignisse sind Bestandteil des natürlichen Wasserkreislaufes. Während des Hochwassers formt der Fluss die Landschaft, hier finden die stärksten Veränderungen an seinem Flussbett statt. Altarme und malerische Mäanderdurchbrüche sind Beispiele für diese Naturgewalt. Siedlungen in der Aue sind allerdings gefährdet. In den letzten Jahren sind Hochwasserkatastrophen mit großen Schäden fast zur Regel geworden.
Die Ursachen für diese mittlerweile fast jährlichen „Jahrhunderthochwasser“ – da sind sich inzwischen die Experten einig - sind auch beim Menschen selbst zu suchen: Durch den weltweiten Anstieg der Temperaturen („Treibhauseffekt“) häufen sich in Mitteleuropa extreme Regenfälle. Durch die Bebauung der Flussauen wurde der wertvolle Überschwemmungsraum der Flüsse immer mehr beschnitten. Und durch die zunehmende Versiegelung von Flächen in den Einzugsgebieten kann das Regenwasser nicht mehr versickern, sondern erhöht noch die Hochwasserwelle im Fluss. Auch die Speicherwirkung des Bewuchses beeinflusst die Hochwasser-Entstehung: So hält Wald z.B. mehr Wasser zurück als Grünland und Grünland mehr als Ackerflächen. In einem natürlichen, lebendigen Flusstal nehmen die breiten Auen einen Großteil des überschüssigen Wassers auf. Weite Teile der Auewiesen werden überschwemmt und saugen sich förmlich voll Wasser. Flussschleifen (Mäander) vermindern die Fließgeschwindigkeit des Wassers, die Abflussmenge wird verstetigt und dem Hochwasser seine gefährliche Spitze genommen. Der Fluss reguliert sich selbst, ohne zum reißenden Strom zu werden. Man muss ihn nur lassen.
Die Auen als Retentionsraum für das Hochwasser zu erhalten und zu schützen ist deshalb eine der wichtigsten Forderungen der Naturschützer. Den Flüssen muss der ihnen zustehende Raum eingeräumt werden, um die Niederschläge im Einzugsgebiet der Flüsse zu halten und die Abflussgeschwindigkeit zu verzögern. Zweitwichtigste Forderung ist die Erhöhung der Rückhaltefähigkeit des Bodens für das abfließende Wasser. 

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