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"Brutaltourismus" im Biosphärenreservat Rhön? BUND Thüringen kritisiert "Geheimtrip" des Umweltministers

15. März 1994 | Nachhaltigkeit, Ressourcen & Technik, Naturschutz

Eisenach. Den Plänen zur Verwirklichung eines gigantischen Tourismusprojektes in der Vorderrhön und eines der größten in Thüringen überhaupt, erteilt der Landesverband Thüringen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) in seiner jüngsten Presseerklärung einer klare Absage.

Ein 160 ha großer, unmittelbar an der Grenze zum Biosphärenreservat Rhön gelegener Ferienpark, in welchen die Gemeinde Hermannsfeld im Landkreis Meiningen als Vorhabensträger flächenmäßig selbst zehnmal hineinpasse, solle Platz für 600 (!) Bungalows, ein Hotel, ein aufwendiges Zentralgebäude sowie 21 ha Parkflächen für 1500 PKW und 30 Busse bieten. Diese für 4000 Kurzurlauber konzipierte Baumaßnahme solle durch einen 140 ha großen, neu zu schaffenden See, ergänzt werden, der dann sogar im Biosphärenreservat Rhön liegen würde.

Ein solches über 300 Mio. DM teures und an ausländische Investors, zu vergebendes Centerparkprojekt mache eine Handvoll Leute zu Millionären, die Bewohner der fünf betroffenen Anliegergemeinden dagegen seien von vornherein die Verlierer, befürchtet der BUND. So gehe aus einem Schriftstück des zuständigen Wasserversorgungsunternehmens klar hervor, daß mit Beginn der Baumaßnahmen die vorhandene Trinkwasserversorgung für vier Gemeinden ausfallen werde. Die Kosten für eine Ersatzanlage hätten dann zum großen Teil die Bürger zu tragen.

"Bau und Betrieb eines derartigen Objektes sind höchst unsozial und ökologisch verheerend. Während der Gewinn in privaten Taschen verschwindet, bleiben den Menschen in der Region als Dankeschön große Abwasser- und Müllmengen, Lärm- und Abgasemissionen und ein geschundene Landschaft", gibt der stellvertretende Landesvorsitzende des BUND Thüringen, Frank Henkel, zu bedenken.

Durch den Entzug von über 300 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche seien in der Agrargenossenschaft Hermannsfeld 60 Arbeitsplätze gefährdet. Außerdem, so der BUND weiter, widerspreche ein Fremdenverkehr dieser Art in allen Belangen den für das Biosphärenreservat Rhön empfohlenen sanften Tourismusformen, für die sich auch der Thüringer Umweltminister Hartmut Sieckmann (FDP) bereit mehrfach öffentlich ausgesprochen habe.

Für den BUND sei es daher ein unerhörter Vorgang, wenn, wie vergangene Woche geschehen, Sieckmann wie "Phönix aus der Asche" in Hermannsfeld auftauche, gegenüber der Presse das Projekt befürworte und wieder verschwinde. "über seine nächste Geheimaudienz möge Herr Sieckmann zwecks Fachabstimmung doch wenigstens das Umweltamt informieren", so Henkel.

Nach Ansicht des BUND sprechen alle Anzeichen dafür, daß der Weg zur Baugenehmigung kein geradliniger sein werde. Viele Bürger fühlten sich getäuscht, weil einige Vorentscheidungen in undemokratischer Weise offensichtlich bereits gefallen seien. Der Bürgermeister von Hermannsfeld und der Landrat von Meiningen kämen zunehmend in Erklärungsnot, so der BUND Thüringen.

Der BUND Thüringen werde im Bündnis mit vernünftig denkenden Partnern in der kommenden Woche eine Bürgerinitiative gründen und Alternativvorschläge für eine sozial-und ökologisch verträgliche Tourismusentwicklung im Raum Hermannsfeld vorlegen. 

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