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BUND fordert vorsorgenden ökologischen Hochwasserschutz für Thüringen: “Entschleunigung“ der Gewässer statt schnelleren Abfluss!

17. März 2006 | BUND, Flüsse & Gewässer

Erfurt. Während andere Bundesländer Deichrückverlegungen und Auwaldentwicklung vorantreiben, wird darüber in Thüringen noch nicht einmal nachgedacht. Nach Informationen des BUND Thüringen sieht das Hochwasserschutzprogramm für den Freistaat auch 2006 keine einzige Deichrückverlegung und keine nennenswerten Areale für Auwald vor.

Dabei könnten die artenreichen Auwälder als FFH-Lebensräume einen wesentlichen Beitrag zum vorsorgenden Hochwasserschutz leisten, ist Burkhard Vogel, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen überzeugt: „Der Schutz von Auen und die Entwicklung von Auwald fördert nicht nur den Lebensraum von Fischotter, Schwarzspecht und Schwarzpappel, sondern bietet auch eine gute und risikoarme Hochwasservorsorge für die Unterlieger am Fluss.“ Auch, dass von Abflusshindernissen nur negative Wirkungen für den Hochwasserschutz ausgehen, sei ein Irrtum, so Vogel weiter.

Im Gegenteil: der Wasserrückhalt in der Fläche sorgt für flachere Hochwasserwellen und höhere Vorwarnzeiten. Maßnahmen hierzu, wie Deichrückverlegung, Extensivierung und Förderung der Gewässerdynamik sind daher eine wichtige Vorsorge für alle Unterlieger. Anders als bei technischen Rückhaltebecken und Deichen besteht nämlich beim natürlichen Ausufern des Flusses kein zusätzliches Risiko eines Deich- oder Dammbruches für die Anlieger.

Gerade in Bereichen, wo die Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie an einen guten Gewässerzustand noch nicht erfüllt werden – und das betrifft 2/3 der Thüringer Gewässer – könnte durch solche Maßnahmen die Gewässerstruktur verbessert werden. Das Land Thüringen setzt hier nach wie vor auf kostspielige technische Lösungen. Solche Lösungen erhöhen jedoch nur scheinbar die Sicherheit. Vor Allem erhöht sich das Schadenspotential, wenn z.B. ein Rückhaltebecken versagt, wie beim Hochwasser in Sachsen 2002 geschehen.

Nach Angaben der Oberen Wasserbehörde wurden seit 1990 derzeit erst 22 von insgesamt etwa 140 Überschwemmungsgebieten durch Rechtsverordnung nach §80 des Thüringer Wassergesetzes verbindlich ausgewiesen. „Wenn die Ausweisung in der Geschwindigkeit weitergeht,“ so Vogel, „sind wir in Thüringen erst in 80 Jahren fertig.“ Die derzeit im Entwurf vorliegende neue EU-Richtlinie zum Hochwasserschutz sieht aber vor, dass die Mitgliedsstaaten ihre Hochwasserrisikogebiete bis 2015 ausweisen und veröffentlichen.

Der BUND kritisiert aber auch die bisher oft fehlenden Konsequenzen einer Ausweisung als Überschwemmungsgebiet. So wird bei aktuellen Planungen zum Hochwasserschutz an der Helme bei Sundhausen derzeit ernsthaft in Erwägung gezogen, in einem neuen Hochwasserpolder intensive Landwirtschaft zu betreiben. Das Elbehochwasser 2002 hat auch hier das Gefahrenpotential aufgezeigt: wegen des starken Nährstoffeintrags durch die intensive Landbewirtschaftung kam es in der Havel zu einem massenhaften Fischsterben. Der BUND fordert die Landesregierung auf, Synergieeffekte zu nutzen und Maßnahmen zum ökologischen Hochwasserschutz mit den internationalen Verpflichtungen zum Schutz unserer Gewässer und Artenvielfalt zu verbinden. 

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