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Chemische Bekämpfung des Eichenwicklers in Thüringen: BUND kritisiert umweltschädigenden Aktionismus

04. Mai 1994 | Wälder, Chemie, Naturschutz, Lebensräume, Umweltgifte

Eisenach. Auf den scharfen Protest des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Thüringen stoßen Pläne der Thüringer Forstverwaltung, den Eichenwickler mit chemischen Mitteln zu bekämpfen. Nach Angaben des BUND soll in den nächsten Wochen im Bereich der Forstämter Oldisleben, Kranichfeld, Heldburg und Wasungen das Pestizid Dimilin großflächig zum Einsatz kommen.

Begründet werde diese Aktion seitens der Behörden damit, daß die natürliche Regeneration der Eichenbestände durch starke Fraßschäden in den vergangenen Jahren in Frage gestellt sei. Diese Argumentation ist jedoch nach Ansicht des BUND nicht stichhaltig. So sei der Eichenwickler in Thüringen bisher noch nie bekämpft worden, da die Fraßperiode der Raupen auf das Frühjahr beschränkt sei und somit genügend Zeit zum zweiten Blattaustrieb bleibe. "Nirgendwo in Thüringen wird der Eichenbestand durch den Eichenwickler nachhaltig gefährdet", so Michael Spielmann, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen.

Zudem seien die Erfolgsaussichten der chemischen Bekämpfungsmaßnahmen völlig unkalkulierbar, da über die Populationsschwankungen des Eichenwicklers bisher nichts bekannt sei. Exakte Befallsprognosen seien deshalb unmöglich, so daß die Chemieeinsätze nicht effizient geplant werden könnten. "Betriebswirtschaftlich ist dieser Pestizideinsatz im Wald unsinnig", so Spielmann. Zudem gehe mit dem Gifteinsatz eine erhebliche Umweltgefährdung einher. So schädige der Häutungshemmer Dimilin nachhaltig tausende Insektenarten, unter anderem auch Bienenvölker. Gefahren für die menschliche Gesundheit seien keinesfalls auszuschließen. Besonders kritisch seien die schweren Schädigungen im Wirkungsgefüge des komplexen Ökosystems Wald: "Als Folge des Dimilin-Einsatzes fallen die natürlichen Feinde des Eichenwicklers aus, so daß zwangsläufig weitere Gifteinsätze folgen werden", beschreibt Michaela Gebhardt, Fachreferentin des BUND Thüringen den "Teufelskreis des chemischen Keule".

Der BUND Thüringen fordert deshalb die Landesregierung nachdrücklich zum Verzicht auf den geplanten Dimilin-Einsatz auf. Nur in Ausnahmefällen und im Einvernehmen mit der Oberen Naturschutzbehörde sei ein punktueller Einsatz biologischer Mitte l vertretbar.

Grundsätzlich ist das massenhafte Auftreten von Forstschädlingen wie Eichenwickler und Schwammspinner nach Ansicht des BUND nicht die Ursache, sondern lediglich ein Symptom für den schlimmen Zustand des Waldes. "Nicht der Eichenwickler, sondern der ungehemmte Eintrag von Schadstoffen aus Industrie, Verkehr und Landwirtschaft, die einsetzende Klimaveränderung, überhöhte Schalenwildbestände und waldbauliche Fehler sind die Ursache für das Waldsterben", so Gebhardt. Anstelle des hysterischen Umgangs mit der Giftspritze seien deshalb eine drastische Senkung der Schadstoffemissionen, eine konsequent naturgemäße Waldwirtschaft und eine weitere Reduzierung der Schalenwildbestände dringend erforderlich.

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