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"Das grüne Band ist in Gefahr" – BUND Thüringen kritisiert illegale Nutzung des Grenzstreifens durch die Landwirtschaft

06. September 1995 | Grünes Band, Naturschutz, Landwirtschaft, Lebensräume

"Ohne jegliche Rechtsgrundlage okkupiert die Landwirtschaft in Thüringen derzeit Zug um Zug ökologisch wertvolle Bereiche im ehemaligen Grenzstreifen", so der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Thüringen, in einer heute veröffentlichten Presseerklärung. Nach dem Abbau der Grenzanlagen und erfolgter Minenräumung drohe allen nutzbaren Flächen außerhalb von bestätigten Schutzgebieten jetzt das Schicksal der Umwandlung in Intensiväcker. In bisher ungekanntem Ausmaß werde deutlich, daß die Belange des Naturschutzes nach dem Auslaufen der einstweiligen Sicherstellungsfristen keine Beachtung mehr fänden. Besonders prekär sei die Situation im südthüringischen Grabfeld. Hier sei der Grenzstreifen in der ausgeräumten Agrarlandschaft über weite Strecken das einzige strukturschaffende Landschaftselement mit biotopvernetzender Wirkung gewesen.

Während die Naturschutzbehörden aufgrund ungeklärter Besitzverhältnisse bisher keine Unterschutzstellungsverfahren im Grenzstreifen hätten einleiten können, störe dieser Umstand die Landwirtschaftsämter bei der Wahrnehmung ihrer Interessen offensichtlich wenig. Auf der Grundlage sogenannter Vorpachtverträge mit dem Bundesvermögensamt als derzeitigem Flächenverwalter vergrößere die Landwirtschaftsverwaltung auf Kosten des Naturschutzes ihren Flächenfonds. "Dabei ist beschämend, mit welchen Kreisleitungsmanieren altbekannte Landwirtschaftskader bei Vorortterminen die Vertreter der Naturschutzbehörden behandeln", kritisiert der stellvertretende Landesvorsitzende des BUND Thüringen, Frank Henkel. Von einer Gleichbehandlung öffentlicher Interessen sei da nichts zu spüren.

Seitens der Landwirtschaft werde jetzt die auflagenfreie landwirtschaftliche Nutzung des extensiven Grünlandstreifens im sogenannten vorgelagerten Gebiet vorgesehen. Im Gegenzug dazu wolle man sich mit dem Naturschutz auf die Erhaltung des Plattenweges und Kfz-Sperrgrabens, beide nicht viel breiter als 15 Meter, einigen. Angesichts der herausragenden ökologischen Bedeutung des Grenzstreifens in seiner Gesamtheit bewertet der BUND Thüringen diesen "Konsensvorschlag" als blanken Zynismus. "Sollten sich die landwirtschaftlichen Interessen auf diese Weise durchsetzen, müssen wir den Braunkehlchen ein Vergrößerungsglas umhängen, damit sie ihren Biotop wiederfinden", so Henkel.

Nach Ansicht des BUND Thüringen könne dieser Konflikt ohne weiteres beigelegt werden, wenn die Landwirtschaft kompromißbereiter sei. So könnten die betroffenen Flächen bis zu ihrer offiziellen Rückübertragung durch das Bundesvermögensamt von den Agrargenossenschaften durchaus bewirtschaftet werden, sofern die Naturschutzauflagen eingehalten würden. Mögliche finanzielle Einbußen könnten über das Thüringer Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) ausgeglichen werden.

Der BUND Thüringen erwarte vom Thüringer Ministerium für Landwirtschaft und Naturschutz schnellstens einen Vorstoß zur Aufhebung der offensichtlichen Differenzen zwischen seinen Abteilungen Landwirtschaft und Naturschutz beim Umgang mit dem ehemaligen Grenzstreifen. "Ansonsten droht die Gefahr, daß das grüne Band in Kürze zu wenigen unscheinbaren grünen Inselchen zusammenschrumpft", so der BUND . 

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