(B. Tuzcu/iStock (links), H.Jegen (rechts))
- Unkastrierte Freigänger-Hauskatzen gefährden die Europäische Wildkatze
- Verwechslung von Wildkatzenjungtieren mit ausgesetzten Haustieren führt zu riskanten Entnahmen aus dem Wald
- BUND fordert Schutz der Wildkatze durch Kastration von Hauskatzen und mehr geschützte und vernetzte Lebensräume
Die streng geschützte Europäische Wildkatze kehrt langsam in Deutschlands Wälder zurück. Doch eine unscheinbare Gefahr aus unserer unmittelbaren Umgebung bedroht diese geschützte Wildtierart: die Hauskatze. Unkastrierte Freigänger können sich mit Wildkatzen verpaaren, was zu einer Vermischung beider Arten führen kann. Die sogenannte Hybridisierung kann langfristig die genetische Eigenständigkeit der Wildkatze gefährden, warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Wichtige Anpassungen der Wildkatze an ihren Lebensraum drohen verloren zu gehen. Zudem können Hauskatzen Krankheiten übertragen, die oft für Wildkatzen tödlich sind.
Ein weiteres Problem ist die Verwechslung von Wildkatzenjungtieren mit vermeintlich ausgesetzten Hauskatzen. Immer wieder nehmen Menschen die kleinen Wildkatzen aus dem Wald mit, in dem Glauben, sie retten ein hilfloses Haustier. Doch Wildkatzen sind keine ausgesetzten Kätzchen. Sie werden von ihrer Mutter oft nur kurz zurückgelassen, während sie auf Nahrungssuche ist. Diese unbeabsichtigten Entnahmen können den Tod der Jungtiere zur Folge haben und sind zudem gesetzlich verboten.
Pauline Münchhagen, BUND-Naturschutzexpertin und naturschutzfachliche Koordinatorin im Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“ im Bundesprogramm Biologische Vielfalt erklärt: „Die Wildkatze kehrt zurück, das ist in Zeiten des Artensterbens eine gute Nachricht. Aber viele Hürden sind noch für einen gesicherten Bestand zu nehmen. So stehen in Deutschland rund 8.000 Wildkatzen etwa 15 Millionen in Haushalten gehaltenen Hauskatzen gegenüber. Dazu kommen noch rund zwei Millionen verwilderte Streunerkatzen. Jedes unkastrierte Tier erhöht das Risiko der Hybridisierung für die Wildkatze und trägt dazu bei, dass sich Streunerkatzen noch weiter vermehren."
Doch alle Menschen, die Katzen halten, können zum Schutz der Wildkatze beitragen. Münchhagen: „Der wichtigste Schritt ist, Freigänger-Katzen kastrieren zu lassen. So verhindern Haustierhalter die Vermischung von Haus- mit Wildkatzen und vermeiden gleichzeitig, dass noch mehr verwilderte Katzen unter elenden Bedingungen leben müssen." Darüber hinaus ist Aufklärung entscheidend, um die Verwechslung von Wild- und Hauskatzen zu vermeiden.
Um langfristigen Schutz zu gewährleisten, fordert der BUND zudem eine Ausweitung der Wildkatzenlebensräume. Das genetische Monitoring der Wildkatze zeigt, dass in großflächigen wilden Waldgebieten bisher kaum Hybridisierung vorkommt. Sie bieten Wildkatzen die nötigen Rückzugsräume. „Daher setzen wir uns mit unserem Projekt 'Wildkatzenwälder von morgen' dafür ein, artenreiche, vernetzte Lebensräume zu schaffen. Diese helfen nicht nur der Wildkatze, sondern auch anderen bedrohten Arten. Zudem sind strukturreiche Wälder mehr vor Stürmen und Austrocknung geschützt und puffern Klimaextreme besser ab", so Münchhagen.
Terminhinweis:
Wer mehr über die Hybridisierung von Wild- und Hauskatzen erfahren möchte, kann sich beim Online-Seminar am 26. Mai informieren. Fachleute stellen dort neueste Erkenntnisse zur Vermischung von Haus- und Wildkatze vor, und gemeinsam sollen über Lösungen diskutiert werden, um die Bedrohung für die Wildkatze weiter einzudämmen.
Hintergrund:
Die Europäische Wildkatze ist laut Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt und gilt laut Roter Liste der gefährdeten Arten bundesweit als „gefährdet“. Unsere Hauskatzen stammen nicht von der Wildkatze ab, sondern von der Afrikanischen Falbkatze. Hauskatzen wurden von den Römern nach Mitteleuropa gebracht. Hybride aus Haus- und Wildkatze weisen veränderte genetische Merkmale auf und die ursprünglichen Anpassungen an den Lebensraum der Wildkatze können verloren gehen. Bisher tritt Hybridisierung vor allem in Baden-Württemberg auf, aber auch in anderen Teilen Deutschlands werden Hybridkatzen vereinzelt genetisch nachgewiesen. Sie sind optisch meistens nicht als solche zu erkennen und können gleichermaßen wie Haus- oder Wildkatzen aussehen. Klarheit liefert nur ein Gentest.
Um die Europäische Wildkatze nachweisen zu können nutzt der BUND das sogenannte Lockstock-Monitoring. Freiwillige Helferinnen und Helfer bringen Holzstöcke in Gebieten aus, in denen die scheue Wildkatze vermutet wird. Sie besprühen die Stöcke mit Baldrian. Der Geruch ist den Sexuallockstoffen der Wildkatze sehr ähnlich und zieht die Tiere magisch an. Die Katzen reiben sich am rauen Holz und hinterlassen einzelne Haare. Die Naturschützer*innen sammeln diese ab. Anschließend schicken sie die Proben für eine genetische Untersuchung zur Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.
Das sechsjährige Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gefördert. Das Projekt setzen der BUND-Bundesverband, die BUNDjugend und die BUND-Landesverbände Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen um.
Pressebild zum Download
Copyright: B. Tuzcu/iStock (links), H.Jegen (rechts)
Informationen:
- Link zur Anmeldung zum Online-Seminar
- Projektwebsite Wildkatzenwälder von morgen
- Videoreihe zur Verwechslungsgefahr von Haus- mit Wildkatzen
- Pressebilder Wildkatze
Ansprechpartner: Thomas Mölich, Projektleiter „Wildkatzenwälder von morgen“, Tel.: 036254/649150, wildkatze(at)bund.net
Pressekontakt: Anne Werner | Kerstin Neumann, BUND Thüringen, Tel.: 0361/5550314, Mobil: 0176 13338510, presse(at)bund-thueringen.de
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Das Rückzugsgebiete der Europäischen Wildkatze liegen voneinander isoliert in unserer ausgeräumten Kulturlandschaft. Deshalb setzten wir uns mit zahlreichen Projekten für die Wiedervernetzung und den Schutz der Wälder ein.