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Gewerbegebiet URB638 bei Urbich – Petitionsausschuss empfiehlt Schutz des Bodens

17. Januar 2022 | Klimawandel, Lebensräume, Naturschutz

Gewerbegebiet URB638 bei Urbich – Petitionsausschuss empfiehlt dem Schutz des Bodens einen höheren Wert beizumessen

Erfurt. Knapp ein Jahr nach Einreichung der Petition gegen das geplante Gewerbegebiet URB638 bei Urbich empfiehlt der Thüringer Petitionsausschuss, dem Schutz des Bodens in Landesentwicklungs- und Regionalplänen ein höheres Gewicht beizumessen. Zukünftig sollen Alt- und Brachflächensanierung sowie die Revitalisierung von Flächen Vorrang vor der Neuerschließung haben. Damit reagiert er auf eine gemeinsame Petition des Thüringer Bauernverbandes, des BUND Stadtverbandes Erfurt, der Wählerinitiative „Mehrwertstadt Erfurt“, Fridays for Future und Parents for Future Erfurt und des Ortsteilrats Urbich, die im letzten Jahr von mehr als 4.000 Menschen unterzeichnet wurde.

Robert Bednarsky, Vorsitzender des BUND Stadtverbandes Erfurt und Einreicher der Petition: „Wir freuen uns, dass der Petitionsausschuss diesen konkreten Fall von sinnlosem Flächenverbrauch zum Anlass nimmt, generelle Empfehlungen für die Flächennutzung im Freistaat zu formulieren. Wollen wir Klimawandel und Artensterben wirklich effektiv entgegentreten, müssen wir Flächenverbrauch ohne Sinn und Verstand endlich Einhalt gebieten.“

Die Petent*innen hatten bereits im Dezember 2020 kritisiert, dass das von der Stadt Erfurt und der Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) geplante Gewerbegebiet bei Urbich die Vernichtung wertvoller landwirtschaftlicher Nutzfläche und die Verschlechterung der klimatischen Situation in der Talkessellage Erfurt billigend in Kauf nehme. Eine Wiederinanspruchnahme vorhandener Industrie- und Gewerbebrachen sei dagegen von vornherein abgelehnt worden. Sie verwiesen in ihrer Petition auf den Widerspruch zur Flächenstrategie des Freistaats.

Der Thüringer Petitionsausschuss gab ihnen nun Recht und plädierte für eine Verschärfung der Richtlinien zur Flächennutzung. Für die mit öffentlichen Geldern finanzierten Gewerbeflächen soll in Zukunft der Grundsatz gelten: Wiederherstellung von Industrie- und Gewerbebrachen haben Vorrang. 

Konkret empfiehlt der Ausschuss:

a) die Grundlage zu schaffen, um dem Schutz der Ressource Boden bereits bei der Aufstellungdes Landesentwicklungsplans und der Regionalpläne ein höheres Gewicht zukommen zu lassen;
b) die Tätigkeitsgrundsätze der LEG Thüringen dahingehend zu novellieren, dass sie bei planerischen Vorhaben stärker bzw. vorrangig Möglichkeiten der Alt- bzw. Brachflächensanierung oder Revitalisierung prüft und Planungen auf der „grünen Wiese" nur noch verfolgt, wenn keine solchen Alternativen möglich oder vorhanden sind, was besonders zu begründen sei;
c) die Richtlinien der GRW (Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschafts­struktur") -Förderung dahingehend zu überprüfen und zu novellieren, dass diese Mittel vorrangig zur Revitalisierung von Brachflächen oder Altstandorten Verwendung finden.

Nach Ansicht der Petent*innen sind auch die Argumente für den bestmöglichen Standort des geplanten Gewerbegebietes URB638 bei Urbich zu hinterfragen. So ergab eine Umfrage im bestehenden Gewerbegebiet Erfurt Süd-Ost, dass die vielfach von der Stadtplanung beschriebenen „Synergieeffekte“ sich auf die gemeinsame Parkplatz- und Kantinenbenutzung beschränken. Auch die gute verkehrstechnische Anbindung sowie der Zugang zum öffentlichen Nahverkehr ist keine Besonderheit des geplanten Standortes, sondern gelten für nahezu alle Altstandorte.

Dr. Sven Müller vom Ortsteilrat Urbich: „Es ist völlig unverständlich, dass der Oberbürgermeister im Wissen um mögliche Fördermöglichkeiten und Standortalternativen an diesem Standort festhält. Die Stadt Erfurt handelt hier gegen den Willen ihrer Bürger*innen.“ So resultierten drei Bürgerbeteiligungen in Urbich in Ablehnung des Projektes.

„Erfurt braucht ohne Zweifel attraktive Arbeitsplätze und passende Gewerbeflächen“, so Martin Hirschmann, Geschäftsführer Regionalgeschäftsstelle Mitte des Thüringer Bauernverbandes. „Das darf jedoch nicht zu Lasten von Natur und Umwelt gehen.“ Von der Reaktivierung von Altstandorten profitiere die Stadt Erfurt gleich in mehrfacher Hinsicht: Wertvolle Ackerflächen könnten für zukünftige Generationen bewahrt und weiter zur Produktion von Nahrungsmitteln genutzt werden. Die lokale klimatische Situation würde nicht zusätzlich verschärft und die Altstandorte könnten sinnvoll in das Stadtbild integriert werden.

Kontakt: 

Robert Bednarsky, Vorsitzender des BUND Stadtverbandes Erfurt
r.bednarksy(at)bund-thueringen.de
Tel.: +49 171/ 5625919

Martin Hirschmann, Geschäftsführer Regionalgeschäftsstelle Mitte des Thüringer Bauernverbandesmartin.hirschmann(at)tbv-erfurt.de
Tel.: +49 361/ 26 25 32 12

Dr. Sven Müller, Ortsteilrat Urbich
post(at)erfurt-urbich.de

Wählerinitiative Mehrwertstadt Erfurt
vorstand(at)mehrwertstadt-erfurt.de
Tel.: +49 361/ 655 2055

Fridays for Future, Ortsgruppe Erfurt
info(at)fridaysforfuture-erfurt.de

Parents for Future, Ortsgruppe Erfurt
p4f-erfurt(at)posteo.de

 

Hrsg.: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V., Stadtverband Erfurt, Robert Bednarsky (v.i.S.d.P.), Trommsdorffstraße 5, 99084 Erfurt

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