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ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt in der Expertendiskussion vor dem Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestags

24. September 1996 | Mobilität, Naturschutz, Wälder

Eisenach. Der Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages wird sich in einer öffentlichen Anhörung am Mittwoch, dem 25. September, mit einem der bundesweit umstrittensten Verkehrsprojekte, der ICE-Neubaustrecke von Nürnberg nach Erfurt/Berlin, beschäftigen.

Unter der Themenanstellung "Optimierung des Schienennetzausbaues zwischen Bayern, Sachsen und Thüringen" treffen erstmals im Bundestag Befürworter und Kritiker dieses Großprojektes durch den Thüringer Wald aufeinander. Seit Jahren setzen sich der Bund Naturschutz in Bayern, der BUND Thüringen sowie die Bürgerinitiative "Das Bessere Bahnkonzept" ebenso wie interne Kritiker der Bahn AG für einen alternativen Ausbau des Schienennetzes und moderne Neigezüge ein.

"Das Prestigeobjekt Deutsche Einheit Nr. 8 verwüstet einzigartige Natur-und Kulturlandschaften im Gottesgarten Oberfrankens und dem Thüringer Wald. Statt der versprochenen Arbeitsplätze bringt es Dreck, Lärm und Gesundheitszerstörung und verhindert die Verwirklichung eines besseren Verkehrskonzeptes", so begründet Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesbeauftragter des Bundes Naturschutz, die Ablehnung des Projektes in seiner schriftlichen Stellungnahme an den Verkehrsausschuß.

In Thüringen und Bayern sind über 40 Klagen von Gemeinden, Grundstücksbesitzern, Bauern und dem BUND gegen das Projekt beim Bundesverwaltungsgericht in Berlin anhängig. Nach Meinung des Bundes Naturschutz droht bei Verwirklichung der Neubaustrecke ein Milliardengrab auf Kosten der Steuerzahler. Nach offiziellen Angaben des Bundesverkehrsministeriums würde die 190 km lange Strecke zwischen Nürnberg und Erfurt 8,5 Milliarden Mark kosten. Durch die langen Tunnelstrecken durch das Coburger Land und den Thüringer Wald steigt der Kilometerpreis auf durchschnittlich 45 Millionen Mark. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist bei solchen Kosten nicht mehr möglich, warnen Bahninsider.

Auch in der Stellungnahme des Umweltbundesamtes an den Verkehrsausschuß übt der Leiter der Verkehrsabteilung, Prof. Dr. Axel Friedrich, massive Kritik an der vorliegenden Planung. So scheint nach Auffassung des Umweltbundesamtes "Die Notwendigkeit neuer Verkehrswege zur Schaffung leistungsfähiger Fernverkehrsverbindungen zwischen Berlin, Halle, Erfurt, Nürnberg, München gegenüber möglichen Ausbauvarianten keineswegs ausreichend geprüft worden zu sein." Unter Verweis auf die vom Umweltbundesamt und dem Deutschen Verkehrsforum in Auftrag gegebene Studie "Kapazitätsreserven der Schieneninfrastruktur im Güterverkehr (1996)" würden es die derzeitigen Streckenkapazitäten gestatten, "das heutige LKW-Fernverkehrsaufkommen des Korridors nahezu vollständig auf die Bahn zu verlagern". Die Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit habe "die veränderte Ausgangslage bei der Ermittlung von notwendigen Streckenkapazitäten und bei der Untersuchung von Alternativen zum Ausbau/Neubau der Strecke Nürnberg-Erfurt nicht berücksichtigt."

Ebenso stellt das Umweltbundesamt fest, daß "Alternativen zum Neubauprojekt unter Umweltgesichtspunkten ... nicht betrachtet wurden“. Prof. Dr. Matthias Gather vom Fachgebiet Verkehrspolitik und Raumplanung der Fachhochschule Erfurt geht ebenso wie andere Sachverständige davon aus, daß "das 1991 errechnete volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Verhältnis von 1,0:3,6 v.a. aufgrund der nach unten revidierenden Güterverkehrsprognosen nicht zu erreichen sein dürfte“.

"Der Deutsche Bundestag sollte schnellstens die Fahrt in ein naturzerstörendes Milliardengrab stoppen und die Signale für das alternative Ausbaukonzept auf Grün stellen", fordert Weiger nach Analyse der Stellungnahmen zur Anhörung. 

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