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Lebensraum des Monats August: Das Altwasser

14. August 1996 | Lebensräume, Naturschutz, Flüsse & Gewässer

Zum Lebensraum des Monats August hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Landesverband Thüringen, das Altwasser erklärt. Das Altwasser gehört ebenso wie die "naturnahen Kleingewässer" zu den besonders geschützten Biotopen nach § 18 des Vorläufigen Thüringer Naturschutzgesetzes. Es ist ein Teil eines ehemaligen Fluß- oder Bachlaufes, der durch natürliche Vorgänge oder künstlich vom Fluß oder Bach abgetrennt wurde. Durch ihre Lage in Auen werden Altwasser oftmals noch durch Überflutungen beeinflußt oder besitzen zum Teil zeitweilig oder ständig Verbindung zum Fließgewässer, ohne daß sie dadurch den Charakter von Fließgewässern annehmen.

Die Altwasservegetation einschließlich des Uferbereiches kann sehr variabel sein. Zu den hier vorkommenden Pflanzengesellschaften können unter anderem Wasserpflanzengesellschaften, Röhrichte und Großseggenriede, Weidengebüsche und -wälder (Weichholzaue !) sowie Laubwaldgesellschaften an den Ufern gehören. Typische Bewohner dieses Lebensraumes sind unter anderem Seefrosch, Ringelnatter und Braune Mosaikjungfer.

Beispiel: Ehemalige Kiesgrube bei Berga
Als Beispiel für einen Altwasser-Biotop stellt die BUND Ortsgruppe Berga eine ehemalige Kiesgrube am linken Ufer der Weißen Elster bei Berga (Landkreis Greiz) im mittleren Elstertal vor. Das Gelände war ursprünglich eine große Feuchtwiese, die von den ortsansässigen Bauern teilweise urbar gemacht wurde. Gegen Ende des zweiten Weltkrieges wurden hier die Vorbereitungen für den Kiesabbau so getroffen, daß sich später künstlich ein Altwasser-Biotop entwickeln konnte. Aus dieser Zeit stammen ebenfalls noch alte Brückenreste. Nach dem Krieg wurde der Kiesabbau nicht weiter betrieben; das Gelände diente der Stadt Berga bis zur Wendezeit als Mülldeponie.

Nach der Wende wurde die Deponie abgedeckt und teilweise bepflanzt. Ein kleiner Rest der ehemaligen Kiesgrube hat sich zu einem Altwasser entwickelt, das aus mehreren Tümpeln, sumpfigen Bereichen und Feuchtwiese besteht. In manchen Jahren finden sich hier große Mengen Laich verschiedener Lurche, die ihre Verwandlung von der Kaulquappe zum Jungtier durchleben. Hier kommen beispielsweise Erdkröte, Seefrosch und Teichmolch vor. Auch Eisvogel, Ringelnatter, Libellen und verschiedene Wasserkäfer, zum Beispiel der vom Aussterben bedrohte Gelbbrandkäfer, wurden beobachtet. Das Altwasser-Biotop bei Berga wurde bereits 1992 in einer Belegarbeit von Katja Scheffel, welche in der BUND-Landesgeschäftsstelle vorliegt, ausführlich beschrieben. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, daß in den durch das Bergbauamt Gera gesicherten Stollen am gegenüberliegenden Elsterufer eine der größten Mopsfledermaus-Populationen Thüringens überleben kann ! Die Fledermäuse nutzen unter anderem das reichhaltige Nahrungsangebot an Insekten in der Altwasser-Kiesgrube.

Das Gelände war seit der Wende jedoch nicht immer das ideale Refugium für viele vom Aussterben bedrohte Arten. Zeitweilig war der Lebensraum argen Störungen unterworfen: Noch vor drei Jahren war die "Kiesi" für Kinder und Halbwüchsige eine willkommene BMX-Bahn. Ältere Jugendliche haben hier zuweilen "romantische" Abende am Lagerfeuer verbracht. Durch viele Gepräche, Presseartikel und Sicherungsmaßnahmen konnte die Ruhe in der ehemaligen Kiesgrube wiederhergestellt werden. Das von Katja Scheffel beschriebene Biotop ist inzwischen als "Geschützter Landschaftsbestandteil" ausgewiesen worden.

Seit 1995 hat die BUND-Ortsgruppe Berga mit der Unteren Naturschutzbehörde Greiz einen Pflegevertrag abgeschlossen. Im Spätherbst mähen die Naturschützer etwa 0,4 Hektar Wiese und verhindern so die Verbuschung des Geländes. Dabei helfen ihnen einige Schüler der achten und neunten Klasse der Regelschule Berga sehr tatkräftig und zuverlässig.
Inzwischen hat sich die Stadt daran gewöhnt, daß die "Grünen" alle Hände über die Kiesgrube halten. Bliebe ihnen nur noch der Wunsch, daß die ortsansässige Agrar-GmbH ihre Felder nicht unmittelbar bis an den Rand der Grube bestellen würde. 

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