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Lebensraum des Monats Juli 1995: Bergwiese

15. Juli 1995 | Lebensräume, Naturschutz

Eisenach. Die Mittelgebirge Thüringens waren einst größtenteils mit Buchenwald bedeckt, wie fast überall in Mitteleuropa. Im 10.Jahrhundert, als das Land zunehmend besiedelt und landwirtschaftlich genutzt wurde, veränderte sich das Landschaftsbild stark. Dort, wo Wald gerodet wurde, entstanden Wiesen und Weiden, später dann auch zunehmend Ackerbauflächen. Auch das Klima veränderte sich in diesen waldfreien Gebieten: licht- und wärmeliebende Pflanzen- und Tierarten breiteten sich aus oder siedelten sich sogar neu an. Je nach den gegebenen Standortbedingungen bildeten sich verschiedene Grünlandgesellschaften wie zum Beispiel artenreiche extensiv genutzte Feuchtwiesen in den Bachauen oder Halbtrockenrasen auf sonnenzugewandten Kalkkuppen.

Bergwiesen
Ein typischer Lebensraum im Mittelgebirge sind die Bergwiesen. Die ursprüngliche extensive Bewirtschaftungsweise auf den Berghöhen und in den Tälern schuf diesen Lebensraum mit großer Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten. Einige Arten die im Flachland durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung stark bedroht sind und/oder auf der Roten Liste stehen, sind dort noch in nennenswerter Anzahl vorhanden. So zum Beispiel die Herbstzeitlose und der Gemeine Frauenmantel. Andere Pflanzen kommen wiederum ausschließlich dort vor: die Trollblume, die Weiße Braunelle, die Breitblättrige Glockenblume um nur einige Beispiele zu nennen.

Besondere Pflanze der Bergwiese
Eine charakteristische Bergblume, die besonders geschützt ist und zu den Rote-Liste-Arten gehört, ist die Arnika. Der Rückgang der Arnikaarten beträgt in den letzten 30 Jahren in manchen Regionen über 90%, so zum Beispiel im Landkreis Sonneberg. Sie ist eine der meist genutzten Heilpflanzen im Bergland. Die dottergelbe Blume gehört zur Familie der Korbblütler und duftet ziemlich aromatisch und würzig. Der Geschmack ist scharf und bitter, da sie den Bitterstoff Arnicin enthält. Außerdem sind Harze, ätherische Öle und Gerbsäuren enthalten. In den Blüten sind die Wirkstoffe für die Heilkraft der Pflanze zu finden. Die sehr vielseitig verwendbare Pflanze kann beispielsweise als Heilkraut bei Verletzungen benutzt werden. Deshalb nennt man sie in der Schweiz oder in Österreich auch Bruchkraut oder Schadnblume. Auch bei Frauenleiden kann sie helfen, dann nennt man sie Mägdeblum. Bei Blutergüssen wird sie Blutblum und als Belebungsmittel bei Schock Schreckblum genannt.

Aber nicht nur Blumen finden beste Lebensbedingungen im Biotop. Die große Anzahl der verschiedenen Blüten in den Bergwiesen oder in den extensiv genutzten Feuchtwiesen locken eine Vielzahl von Käfer-, Schwebfliegen-, Schmetterlings- und Bienenarten an. In diesem extensiven Grünland leben auch die verschiedensten Heuschrecken-, Spinnen- und Laufkäferarten. Säugetiere und Vögel, beispielsweise viele Singvogelarten, Mäusebussard, Turmfalke und Schwarzstorch nutzen die vielstrukturierten Bergwiesen mit zum Teil ausgedehnten Quellfluren und kleinen Wiesenbächen zur Nahrungssuche und zum Brüten oder Setzen der Jungen.

Spezieller Typ der Bergwiese - Der Borstgrasrasen
Ein speziell gefährdeter Biotoptyp auf der Bergwiese ist der Borstgrasrasen. In Thüringen gibt es nur wenige Bereiche mit Borstgrasrasen. Sie sind Extensivweiden, die aus niedrigwüchsigen Pflanzenarten wie dem namengebenden Borstgras und vielen selten gewordenen Blütenpflanzen wie beispielsweise Arnika und Bärwurz bestehen. Diese Weiden stehen auf sauren nährstoffarmen Böden und haben eine recht gute Wasserversorgung. Die Borstgrasrasen benötigen trotz ihrer eigentlich extensiven Nutzung eine gewisse Pflege.

Pflege des Borstgrasrasens durch den BUND Sonneberg
So hat sich die Kreisgruppe Sonneberg des BUND Thüringen einem Borstgrasrasen angenommen. Er ist ein Teil eines Biotopkomplexes, um den sich die BUND-Gruppe kümmert. Die BUND-Mitglieder betreuen seit 1990 diesen Lebensraum im südlichen Teil des Thüringer Schiefergebirges. Bei einer Höhe von 615 Meter über NN und in südexponierter Hanglage ist sie idealer Standort für die seltenen Arten, die das spezielle Bergklima und die sauren Böden benötigen. Zuerst einmal mußten sie die 0,75 Hektar große Fläche, auf der seit über zwanzig Jahren nichts mehr gemacht wurde und die wieder in ihren Urzustand zurückgefallen war, rekultivieren. Ziel war es, der Wiese wieder genügend Licht zu verschaffen und die konkurrenzstarken Pflanzen zurückzudrängen. Seit 1992 nun wird die Fläche wieder extensiv genutzt. So wird jetzt nach alter Tradition einmal im August eine Mahd vorgenommen. Gebirgsorchideen wie Holunderknabenkraut, Grüne Hohlzunge oder Arnika und die Perückenflockenblume haben sich dieser Mahdrhythmik angepaßt.

Die Bergwiesen sind jedoch auch bedroht durch Nutzungsintensivierung, Auflassung, Verbauung oder auch Aufforstung. Die Mitglieder des BUND Sonneberg wollen sich für den Erhalt dieser selten gewordenen Lebensräume einsetzen. 

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