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Südharzautobahn zerstört Natur und bedroht regionale Wirtschaft

03. November 1995 | Mobilität, Naturschutz

Eisenach/Hannover. Die geplante Südharzautobahn, A 38, haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Bürgerinitiativen gestern erneut scharf kritisiert. Auf einer Pressefahrt entlang der vorgesehenen Trasse erklärten Vertreter der BUND-Landesverbände Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, daß die A 38 - ehemals A 82 - nicht geeignet sei, um die bestehenden Verkehrsprobleme in der Region zu lösen. Für die Verkehrsexperten ist das Autobahnprojekt ökologisch und ökonomisch völlig unsinnig.

Als Beispiel für die Naturzerstörung durch die Autobahn nannte der BUND den Köhlersgrund bei Leinefelde. Dort soll eine zwei Kilometer lange Waldschneise geschlagen werden. Der Schaden in dem vielbesuchten Naherholungsgebiet wäre nicht wieder gut zu machen. Von der Autobahntrasse seien ebenfalls die einzigartigen Landschaften an der Eichsfelder Pforte und entlang der Goldenen Aue östlich von Nordhausen bedroht.

In Verbindung zum Autobahnbau stehe auch eine geplante überdimensionale Sondermülldeponie im Raum Sollstedt/Breitenworbis/Haynrode. Da in der Region selbst nicht so viel Sondermüll anfalle, befürchtet der BUND, daß der Giftmüll auf der Autobahn per Lkw herangekarrt wird. Das Autobahnprojekt fördere auch indirekt die Zerstörung von Naturraum: Das ostdeutsche Bergrecht sei äußerst liberal, Abbaufirmen könnten beinahe nach eigenem Belieben Material für die Trasse abbauen und die Landschaft verschandeln.

Durch die Südharzautobahn würden Lärm- und Abgas-Belastungen nicht ab-, sondern zunehmen. Das gegenwärtige Verkehrsaufkommen entlang der B 80 rechtfertige nicht den Bau einer neuen Autobahn, die parallel zu dieser Bundesstraße verlaufe. Die A 38 bringe nach Einschätzung des BUND keine Entlastung für die B 80 durch Bündelung des Verkehrs, sondern führe zu weiteren Ausbaumaßnahmen, dadurch werde der Verkehr noch stärker angekurbelt. Bislang sei der Bedarf für eine Autobahn nicht plausibel nachgewiesen. Die Planungen hätten Alternativen zur Verkehrsverlagerung auf die Schiene oder zur Verkehrsvermeidung nicht berücksichtigt.

Der BUND kritisierte weiter, daß die Südharzautobahn wirtschaftlich völlig verfehlt sei. Die Befürworter der A 38 versprächen sich und der Bevölkerung vor allem wirtschaftliche Impulse durch die Fernstraße. Der BUND hingegen fürchtet keine Erschließung der Region, sondern eine Transitstrecke zwischen Göttingen und Halle. Die regionale klein- und mittelständische Wirtschaft gerate unter Druck, denn auf der Autobahn würden preiswerte Angebote von außerhalb herantransportiert, die einheimische Produkte und Lebensmittel vom Markt verdrängten. Gefährdete Betriebe seien beispielsweise die Milchviehanlagen bei Mengelrode und Westhausen, die nach Ansicht des BUND dicht machen können, wenn die Autobahn gebaut würde. Die Autobahnbefürworter betrieben "Volksverdummung", wenn sie neue Arbeitsplätze durch die Autobahn versprächen.

Als Alternative zur A 38 schlägt der BUND vor, Schwertransporte auf die Schiene zu verlagern. Der motorisierte Individualverkehr müsse durch einen attraktiveren Öffentlichen Personennahverkehr verringert werden. In der Raumplanung sei mehr Phantasie gefordert: Der Radikalvorschlag "Autobahn" helfe nicht, die regionalen Handelsbeziehungen zu stärken. Zudem wiederhole man westdeutsche Planungsfehler: Konsumpaläste auf der grünen Wiese verursachten zusätzlichen Verkehr. Die Menschen ständen entnervt in Staus, während die Innenstädte verödeten. Um die Zentren wieder attraktiver zu machen und vom Schwerverkehr zu entlasten, toleriere der BUND an einigen Orten Umfahrungsstraßen.

Der BUND sieht noch Möglichkeiten, das unsinnige Autobahnprojekt zu verhindern. Zwar sei das Raumordnungsverfahren zur A 38 bereits abgeschlossen, doch im eigentlichen Planfeststellungsverfahren für die endgültige Baugenehmigung, seien die Öffentlichkeit und die Umweltverbände noch nicht zu Wort gekommen. Die zahlreichen Proteste und Einwände der Menschen entlang der geplanten Trasse ließen erwarten, daß der Planfeststellungsbeschluß nicht so leicht gefällt werden könne. Um den Autobahnbau zu verhindern, schließt der BUND auch eine gerichtliche Überprüfung der Planunterlagen nicht aus. 

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