Für das langfristige Überleben des Luchses in Mitteldeutschland ist die Vernetzung der bislang isolierten Vorkommen im Harz und in Ostbayern von entscheidender Bedeutung. Unser Vorgängerprojekt „Die Ausbreitung des Luchses in Mitteldeutschland“ macht deutlich, dass dabei dem Thüringer Wald eine Schlüsselrolle zukommt. Ein im Rahmen des Projektes entwickeltes Ausbreitungsmodell zeigt, dass eine natürliche Besiedlung des Thüringer Waldes auf absehbare Zeit unwahrscheinlich ist. Dies liegt vor allem am zögerlichen Ausbreitungsverhalten weiblicher Luchse, die große Entfernungen und Hindernisse wie Straßen und ausgeräumte Agrarlandschaften nicht so einfach überwinden, wie ihre männlichen Artgenossen. Daher bleiben gelegentlich abwandernde männliche Luchse meist allein, ohne eine Chance, eine neue Population zu gründen. Ohne eine Gründung neuer Populationskerne zwischen Harz und Bayerischen Wald bleiben die Populationen jedoch weiterhin isoliert, und es droht ein fortschreitender Verlust genetischer Diversität.
Das Ausbreitungsmodell zeigt aber auch, dass die Ausbreitung des Luchses in Mitteldeutschland durch eine gezielte Ansiedlung von Luchsen im Thüringer Wald ganz erheblich unterstützt werden kann. Durch die Ansiedlung von bis zu 20 Luchsen könnte im Thüringer Wald eine stabile Population aufgebaut werden, die das bislang fehlende Bindeglied zwischen Harz und Bayerischem Wald bilden würde. Ausgehend vom Thüringer Wald würden zudem auch weitere geeignete Lebensräume in Mitteldeutschland (z.B. Erzgebirge, Röhn, Nordhessisches Bergland) besiedelt werden. Auf diese Weise entstünde eine vernetzte mitteldeutsche Metapopulation, die groß genug wäre, sich zukünftig selbst zu erhalten.
Im Auftrag des Thüringer Umweltministeriums prüfen der BUND Thüringen und der WWF Deutschland derzeit gemeinsam, ob die gesellschaftliche Akzeptanz für eine Wiederansiedlung des Luchses bei der Thüringer Bevölkerung vorhanden ist. Im Auftrag des WWF hat forsa Politik- und Sozialforschung GmbH eine repräsentative Befragung zur Akzeptanz des Luchses in Thüringen durchgeführt.
Das Ergebnis: Die breite Mehrheit der Thüringer steht einer Wiederansiedlung des Luchses ausgesprochen positiv gegenüber. Diese große Zustimmung ist insbesondere auch bei der ländlichen Bevölkerung, einschließlich der des Thüringer Waldes spürbar. Aber es gibt auch vereinzelte Vorbehalte. Diese müssen ernst genommen und ausgeräumt werden.
Zu den Ergebnissen der Umfrage
Aufbauend auf diesen hervorragenden Ergebnissen wollen BUND Thüringen und WWF Deutschland nun in den Dialog mit weiteren Thüringer Verbänden und Institutionen treten, um zu diskutieren, wie dem Luchs gemeinsam eine Zukunft in Thüringen geschaffen werden kann. In einem ersten Schritt soll gemeinsam mit ThüringenForst ein umfangreiches Fotofallen-Monitoring im zentralen Thüringer Wald etabliert werden. Auf diese Weise soll untersucht werden, ob der Thüringer Wald bereits jetzt von vereinzelten (männlichen) Luchsen durchstreift wird.
Nachfolgeprojekt:
Im Nachfolgeprojekt "Trittstein Thüringer Wald - Die Rückkehr des Luchses nach Mitteldeutschland" wird im strategisch wichtigen Thüringer Wald ein Trittstein für die Vernetzung bisher voneinander isolierten Luchspopulationen etabliert.