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Lebensraum des Monats Januar: Der Friedhof

12. Januar 1996 | Lebensräume, Naturschutz

Zum Biotop des Monats Januar hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Thüringen den Friedhof gekürt. Als besonderes Großstadtrefugium stellt Dieter Holzapfel vom BUND Jena den altehrwürdigen Jenaer Johannisfriedhof vor.

„Eintreten erwünscht!“ könnte über den Eingängen zu den ehemaligen Grabfeldern stehen, zwischen denen große Ahorn- und Eschenbäume ungestört alt werden konnten. Nur drei Minuten von der City entfernt, bietet der Johannisfriedhof hinter seinen Mauern idealen Lebensraum beispielsweise für 27 verschiedene Vogelarten sowie eine ganze Palette von Käfern, Insekten und Mikroorganismen, die es reichlich in den Mauerfugen, im Totholz und im humusreichen Boden gibt. Durch partielle Mahd der Grünflächen konnten sich im Laufe der Zeit artenreiche Wiesen entwickeln, in denen Glockenblume, Storchenschnabel und wilder Kerbel dominieren. Zusammen mit dem Pflanzenbestand des benachbarten botanischen Gartens wirken sich Mikroklima und Sauerstoffproduktion bis in das Stadtzentrum aus. Über die leicht stadteinwärts geneigten, naturnahen Grünflächen gleiten die Kaltluftströme durch die Straßenzüge - ein mittelalterlicher Bestattungsort sorgt für den „frischen Atem“ einer modernen Industriestadt.

In der Geschlossenheit, scheinbaren Unberührtheit und nachdenklichen Ruhe des Friedhofes liegt für den Besucher ein Reiz, der über den eines künstlichen oder rekonstruierten Parks hinausgeht.
Zu allen vier Jahreszeiten zieht es nicht nur Ruhe- und Erholungssuchende auf den etwa 1,7 Hektar großen Johannisfriedhof. Er ist auch Begegnungsstätte: Sonntags wird andächtig und mit religiöser Würde in der barocken Friedenskirche der evangelische Gottesdienst mit dem Abendmahl gefeiert; in der warmen Jahreszeit trifft man sich im Freien unter anderem zu Kindergeburtstagsfesten, Hochzeiten, Einschulungen, Altennachmittagen und Führungen. Tagesgäste aus aller Welt finden sich ein, um die Grabstätten bekannter Jenaer Bürger zu besichtigen.

Sie alle gehen erholt und um einige Erfahrungen reicher, mit den Einblicken in einen differenzierten Lebensraum, den die evangelische Kirchgemeinde Jena geschaffen und erhalten hat, den sie aufwendig unterhält und als Denkmal schützt. Naturschutz und Denkmalschutz konnten auf dem 700-jährigen, ehemaligen Stadtfriedhof beispielhaft miteinander in Einklang gebracht werden. 

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