Berlin/ Erfurt. Am heutigen Donnerstag hat das Bundesamt für Naturschutz die aktuellen Luchszahlen für Deutschland veröffentlicht. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bewertet die leicht wachsenden Bestandszahlen positiv, weist aber auf die weiterhin bedrohliche Lage der Luchse in Deutschland hin. Im aktuellen Bericht ist von 125 bis 135 erwachsenen Luchsen die Rede, im vergangenen Jahr waren es noch weniger als 90 selbstständige Tiere.
„Zum ersten Mal seit Jahren streifen deutlich mehr Luchse durch unsere Wälder – das ist ein gutes Zeichen. Doch eine Entwarnung ist es nicht, das Pinselohr ist in Deutschland laut Roter Liste nach wie vor vom Aussterben bedroht und braucht dringend aktiven Schutz“, so Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin. Die Luchse breiten sich seit Jahrzehnten kaum aus, die wenigen Vorkommen sind voneinander isoliert. Zu viele Luchse werden auf Straßen überfahren, hinzu kommen Gefährdungen durch die Zerschneidung der Landschaft durch Verkehrswege, Siedlungen und ausgeräumte Agrarflächen. Auch illegale Tötungen und Krankheiten sind ein Problem.
„Die Bundesregierung zeigt beim Artenschutz gerne mahnend auf andere Länder. Doch wenn wir uns hierzulande sogar schwertun, so charismatische Arten wie den Luchs effektiv zu schützen – wie soll das erst weltweit und bei unscheinbaren Arten funktionieren?“, so von Broock. „Nur auf dem Papier bringen wir die Ausbreitung der Luchse in Deutschland nicht wirklich voran. Deutschland muss seine Schutzziele endlich aktiv umsetzen.“ Konkret kann das für den Luchs bedeuten, dass auch über gezielte Bestandsstützungen nachgedacht wird: Luchse tun sich schwer damit, größere Distanzen zu überbrücken. Das gilt insbesondere für die Weibchen, die weiter wandernden Männchen bleiben so oftmals allein. Durch gezieltes Hinzugesellen weiblicher Tiere können neue kleine Teilbestände entstehen. Diese neuen Bestände können dann wie eine Art Trittstein zwischen den größeren Luchsvorkommen funktionieren. Dabei ist die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung von zentraler Bedeutung: Durch runde Tische für Landnutzende, öffentliche Informationsabende und Mitmachangebote für Kinder und Jugendliche kann den Menschen vor Ort die Möglichkeit geschaffen werden, sich aktiv mit dem Luchs auseinanderzusetzen.
Alle Luchsbestände in Mitteleuropa sind durch Wiederansiedlungsprojekte entstanden. In Deutschland leben Luchse vor allem im Bayerischen Wald, dem Harz und seit kurzem im Pfälzerwald. Zwischen diesen drei Regionen gibt es nur sehr wenige Luchse und dies sind fast immer einzelne Männchen. Der BUND ist vor allem in den Bundesländern Bayern, Thüringen, Hessen und Sachsen zum Luchs aktiv.
Luchse in Thüringen:
„Auch Thüringen ist inzwischen Luchsland. Das zeigen erste Ergebnisse des seit Juni 2020 vom BUND Thüringen mit finanzieller Unterstützung des Thüringer Umweltministeriums durchgeführten Luchsprojektes“, erklärt Dr. Burkhard Vogel, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen.
Nach Angaben des BUND Thüringen konnten durch das Projekt insgesamt neun unterschiedliche Luchse im Nordwesten Thüringens nachgewiesen werden. Mindestens vier der Tiere haben ein festes Revier ganz oder teilweise in Thüringen etabliert. Darunter sind sogar zwei Weibchen, die beide im letzten Frühjahr Junge zur Welt gebracht haben. Ein Weibchen lebt im Harz, das andere im nördlichen Eichsfeld. Außerdem konnte durch das Projekt gezeigt werden, dass die Verbreitung des Luchses im Eichsfeld weiter nach Süden reicht als bisher angenommen.
„Die Ergebnisse kamen vor allem auch durch die gute Zusammenarbeit mit der Thüringer Jägerschaft, den privaten Waldbesitzenden und ThüringenForst zustande“, so Vogel weiter.
Ministerin Siegesmund: „Für die Ausbreitung der Luchse in Deutschland hat Thüringen eine Schlüsselrolle aufgrund seiner ‚Drehscheiben-Funktion‘. Die Waldgebiete im Südharz, Hainich und Thüringer Wald vermitteln zwischen den Populationen im Harz und dem Bayerischen Wald. Sie stellen außerdem die Vernetzung nach Westen in die Wälder des Hessischen Berglandes und weiter nach Westen bis zum Pfälzer Wald her.“
Ansprechpartner für Thüringen:
Markus Port, Projektkoordinator
Tel.: 0160 98011164
E-Mail: m.port@bund-thueringen.de