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Festsymposium Natura 2000 - Südharzer Gipskarstlandschaft für Anerkennung als UNESCO-Welterbe geeignet

01. Juni 2023 | Naturschutz, Lebensräume, Energiewende

Es ist ein Novum in der Zusammenarbeit für den Schutz der Südharzer Gipskarstlandschaft: Die BUND Landesverbände Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen laden in Zusammenarbeit mit dem NABU erstmalig gemeinsam mit dem Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher (VdHK) zum Festsymposium Natura 2000 vom 1. bis 4. Juni 2023 nach Walkenried ein. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht das Engagement zum Schutz der einmaligen Gipskarstlandschaft im Südharz, die besonders durch den Abbau von Naturgips akut bedroht ist. Hierzu finden ein internationales Seminar, eine Exkursion sowie Vorträge und Gesprächsrunden statt. Die einheitliche Meinung der anwesenden Karstexperten: Die Südharzer Gipskarstlandschaft bedarf eines besonderen Schutzes und ist würdig, in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen zu werden.

Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung ist die Verleihung des Natura-2000-Awards am 2.6. an den VdHK für die CaveLife-App. Mit Hilfe der App ist es sehr einfach möglich, den Zustand von Höhlen und anderen unterirdischen Lebensräumen einheitlich zu erfassen sowie eine Bewertung gemäß der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie vorzunehmen. Somit leistet die App einen wichtigen Beitrag zum Schutz von wenig bekannten Lebensräumen – wie sie unter anderem auch in der Südharzer Gipskarstlandschaft vorzufinden sind.

Gipskarstlandschaft ist eine Schatzkammer der Natur

Die Landschaft im Südharz ist das größte und bedeutendste Gipskarstgebiet in Mitteleuropa und trägt den vom Bundesamt für Naturschutz verliehenen Status „Hotspot der Artenvielfalt“. Das Gipsgestein im Zusammenspiel mit dem Wasser der vielen Harzbäche schafft bis heute eine vielseitige Landschaft mit kleinräumig stark wechselnden Klima- und Bodenbedingungen. Die geologische Vielfalt schuf ein Mosaik an Lebensräumen für seltene Tier- und Pflanzenarten. Viele davon stehen auf Roten Listen und unter strengem Naturschutz. Allerdings ist die Landschaft unzureichend durch bestehende Schutzgebiete gesichert. Insbesondere der Abbau von Gips stellt eine akute Bedrohung dar. „Die Gipskarstlandschaft ist eine Schatzkammer der Natur und von außergewöhnlichem universellem Wert für die Region und für die Welt. Wir dürfen nicht länger zusehen, wie diese unwiederbringlich von der Industrie zerstört wird. Es ist unsere Aufgabe, dieses Erbe für gegenwärtige und zukünftige Generationen zu bewahren und daher plädieren wir nicht nur für die Schaffung eines länderübergreifenden Biosphärenreservats, sondern auch für die Prüfung einer Bewerbung zum UNESCO-Welterbe“, sagt Bärbel Vogel, die Vorsitzende der deutschen Höhlenforscher.

Einzigartiger Lebensraum wird für Gipsabbau geopfert

Was im Südharz im Kleinen begann, wuchs zu einem umfassenden und landschaftszerstörenden Industriezweig heran. Große Gipsfirmen treiben gigantische Krater in die Landschaft mit der Folge, dass ein Teil der landschaftstypischen Karstformen bereits unwiederbringlich verloren ging. „Daran ändern auch Renaturierungsmaßnahmen der gipsabbauenden Unternehmen nichts. Einmal zerstörte Geotope und die spezielle Gipskarst-Natur lassen sich nicht zurückbringen“, so Dr. Friedhart Knolle, Gipskarstexperte des BUND Niedersachsen.

Ausstieg aus dem Naturgipsabbau bis 2045

Dass die industrielle Zerstörung der Landschaft nicht notwendig ist, belegt das vom BUND Thüringen beauftragte Gutachten zum Ausstieg aus dem Naturgipsabbau bis 2045. In diesem werden naturgipsfreie Baustoffe als Alternativen benannt. So können Gipskarton- und Gipsfaserplatten beispielsweise mit den vielfältigen auf dem Markt angebotenen Platten aus nachwachsenden Rohstoffen oft sogar kostengleich ersetzt werden. „Wir fordern die Politik auf, standhaft zu bleiben und keine neuen Naturgips-Abbaugebiete zu genehmigen und den Ausstieg aus dem Abbau von Naturgips bis 2045 durch ein Kreislaufwirtschaftsgesetz und die Förderung alternativer Baustoffe wie Lehm, Holz und andere nachwachsende Rohstoffe voranzubringen“, sagt Sebastian König, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen. Deutschland hat aktuell eine Gips-Recyclingquote von 4,5 Prozent und ist damit im Vergleich zu den Niederlanden und Belgien, die jeweils eine Quote von rund 40 Prozent aufweisen, weit abgeschlagen. Auch Großbritannien (25 Prozent) und Frankreich (15 Prozent) liegen vor Deutschland.

Mit dem Projekt „Netzwerke für den Gipskarst“ engagieren sich die BUND Landesverbände Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachen für den Erhalt Südharzer Gipskarstlandschaft, die ein Refugium für viele bedrohte Pflanzen- und Tierarten ist und fordern den Ausstieg aus dem Naturgipsabbau bis 2045.

Weitere Informationen auf der Website des BUND Thüringen.

 

Hintergrund

Südharzer Gipskarstlandschaft

Als schmaler Gürtel erstreckt sich die Gipskarstlandschaft am Südrand des Harzes. Sie reicht auf etwa 100 Kilometer Länge über die Bundesländer Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Aufgrund einer besonderen geologischen Situation – nur in diesem Gebiet steht großräumig und oberflächennah Gipsgestein an – konnten sich hier im Laufe von mehreren Tausend Jahren Karsterscheinungen in einzigartiger Dichte und Vielfalt entwickeln. Die Gipskarstlandschaft im Südharz ist eine Schatzkammer der Natur, ein sogenannter Hotspot der Artenvielfalt. Insgesamt gibt es 30 ausgewiesene Hotspots der Diversität in Deutschland.

Netzwerke für den Gipskarst

Für die Umsetzung des Projekts haben sich die drei Gipskarst-Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen zusammengeschlossen. Über umfangreiche Aktionen und Maßnahmen, wie Fachtagungen, Unterschriftensammlungen, Ausstellungen und Info-Veranstaltungen, soll die breite Bevölkerung über den Wert und die Bedeutung des Gipskarstes informiert und zu ihrem Schutz sensibilisiert werden. Der BUND Thüringen erhielt hierfür eine Förderung in Höhe von 160.000 Euro von der Deutschen Postcode Lotterie.

 

Kontakt:
Ansprechpartner*in beim BUND Thüringen: Ursula Schäfer, +49 157 923 314 38, u.schaefer(at)bund-thueringen.de
Pressekontakt: Anne Werner | Kerstin Neumann, 0361/5550314, Mobil: 0176 13338510, presse(at)bund-thueringen.de

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