Während am heutigen Freitag in ganz Deutschland Menschen auf die Straße gehen, um im Rahmen des bundesweiten Klimastreiks für eine sozial gerechte Mobilitätswende zu demonstrieren, blickt der BUND Thüringen mit Sorge auf die europäischen Entwicklungen in Sachen Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz. Auf den letzten Metern der laufenden Legislaturperiode läuft der Wahlkampf in der Europäischen Union und damit auch in den Mitgliedsstaaten auf Hochtouren. Rückwärtsgewandte Fraktionen in der Europäischen Kommission verweigern sich sachorientierter Politik und bedienen lediglich ihre Klientel. Die jüngsten Entscheidungen zum Lieferkettengesetz oder auch zur Aussetzung der Brache zeigen, dass Interessen der Wirtschaft über dem Gemeinwohl stehen. Ein fatales Signal für alle Akteure, die sich für Umwelt- und Naturschutz stark machen.
In vielen der aktuellen Diskussionen ist der Naturschutz der erste „Streichkandidat“. So war es bei der Planungsbeschleunigung und so ist es jetzt in der Reaktion auf die Bauernproteste zu beobachten. Anstatt die Probleme bei der Wurzel zu packen und einen Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft vorzubereiten oder zumindest die Ergebnisse der „Borchert-Kommission“ und der Zukunftskommission Landwirtschaft umzusetzen, wird die Natur zum sprichwörtlichen Bauernopfer.
„Mit der Aussetzung der Bracheregelung (GLÖZ 8), von der nun auch Deutschland Gebrauch machen wird, versetzt man dem Naturschutz in der Landwirtschaft den nächsten Nackenschlag. Jetzt müssen unseren Bäuerinnen und Bauern zumindest attraktive Angebote im Rahmen der Öko-Regelungen gemacht werden – zum Beispiel durch eine zusätzliche Weidetierprämie für Milchkühe - damit der Artenvielfalt in unserer Agrarlandschaft nicht vollends die Luft ausgeht“, fordert Sebastian König, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen. „Erst kürzlich ist die EU bei der Aufweichung der Gentechnik vor der Agrarindustrie eingeknickt und hat damit den Biobetrieben einen Bärendienst erwiesen. Dieser Trend scheint sich fortzusetzen“, so König weiter.
Auch das EU-Lieferkettengesetz scheint gescheitert. Es bestand die einmalige Chance, klare Spielregeln für alle Unternehmen in Europa zu schaffen, um die Einhaltung menschenrechtlicher und ökologischer Sorgfaltspflichten zu regeln. Doch auch hier hat sich die Klientelpolitik einiger Weniger durchgesetzt.
„Überall wird von Bürokratieabbau gesprochen und es ist wichtiger denn je, diesen aktiv zu betreiben. Aber wenn es ein einziges Beispiel gibt, wo eine Erhöhung der Dokumentations-, Nachweis- und Sorgfaltspflichten notwendig und richtig ist, dann wenn es um Menschenrechte sowie Klima- und Umweltschutz in unseren europäischen Lieferketten geht! So geht das europäische Windhundrennen um die billigsten Produktionsketten unter Inkaufnahme von Menschenrechtsverletzungen und Zerstörung unserer Ökosysteme weiter und die Unternehmen, die ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen, werden dafür bestraft“, konstatiert König.
Ein kleiner Lichtblick ist das EU-Renaturierungsgesetz, das Ende Februar mit knapper Mehrheit in der EU-Kommission verabschiedet wurde. Es soll die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in allen Mitgliedsstaaten sicherstellen – muss aber noch den Europäischen Rat passieren. „Ein positives Signal, das allerdings von einer beispiellosen Schlammschlacht, vor allem der EVP, überschattet wurde, die mit Falschbehauptungen und Kampagnen gegen die Natur und damit gegen das Gesetz mobil machte. Zum Glück erfolglos! Ein wichtiger Teilerfolg für Ökologie und Naturschutz in der EU, es blieb in der letzten Zeit leider der einzige“, so Sebastian König abschließend.
Der BUND Thüringen fordert daher die Abgeordneten der Europäischen Union, insbesondere aus Thüringen, auf, zu einer sachorientierten Politik zurückzukehren und unsere Natur nicht weiter einseitig zu belasten.
Weitere Informationen:
- Aufweichung Gentechnikregelung
- Kritischer Agrarbericht 2024
- Schlagkraft der Landwirtschaft positiv nutzen
- Kommentar: EU-Lieferkettengesetz aktuell ohne Mehrheit – Schnelle Einigung für Menschenrechte, Umwelt und Klima unerlässlich
- Weidehaltung – gut für Kühe, Klima und Artenvielfalt
- Bundesweiter Klimastreik 01.03.2024
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