BUND fordert transparente Verfahren und frühzeitige Beteiligung – Politik muss naturgipsfreie Baustoffe endlich voranbringen!

30. Januar 2025 | Ressourcen & Technik, Naturschutz, Lebensräume

Pressekommentar des BUND Thüringen zur aktuellen Rechtsprechung zum Gipsabbau bei Walkenried (Niedersachsen)

BUND fordert transparente Verfahren und frühzeitige Beteiligung – Politik muss naturgipsfreie Baustoffe endlich voranbringen!

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat über den bestehenden Abbaustopp im Gipskarstgebiet Juliushütte-Pontelberg bei Ellrich-Walkenried entschieden: Das Unternehmen hat keinen Anspruch auf frühere Genehmigungen für den Gipsabbau. Neben einem Neuantrag aufgrund der abgelaufenen Genehmigung forderte das Gericht zudem eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Damit bestätigte das Gericht nachträglich die seitens des BUND Niedersachsen durch die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte (Würzburg/Leipzig) in einem Widerspruch gegenüber der Behörde vorgetragenen Argumente, denen sich die Behörde im Wesentlichen angeschlossen hatte und sodann gegenüber dem Unternehmen tätig geworden war. Hiergegen hatte das Abbauunternehmen Klage gegen die Genehmigungsbehörde erhoben – ohne Erfolg.

Der BUND Thüringen sieht sich durch dieses Urteil in seiner eigenen Klage, die ebenfalls durch die Kanzlei Baumann Rechtsanwälte vertreten wird, gegen den Gipsabbau am Himmelsberg bei Ellrich bestätigt. „Wir fordern von der neuen Landesregierung in Thüringen, dass sie bei allen zuständigen Behörden und Unternehmen für transparente Verfahren sorgt – mit frühzeitiger und kontinuierlicher Beteiligung von Verbänden und Öffentlichkeit“, erklärt Tobias Strietzel vom BUND-Kreisverband Nordhausen, für den BUND Thüringen. „Es darf nicht sein, dass Unternehmen immer neue Schlupflöcher nutzen, um Umweltverträglichkeitsprüfungen zu umgehen und dadurch wertvolle Naturflächen zerstören.“

Angesichts der aktuellen Debatte fordert der BUND die Politik auf, endlich den Fokus auf naturgipsfreie und klimafreundliche Baustoffe zu legen. „Es gibt bereits Gipsunternehmen, die innovative Alternativen wie das ‚Ökopanel‘ aus Stroh selbst herstellen oder feuerfeste Lehmplatten vertreiben. Die Rohstoffe dafür sind in Deutschland in ausreichender Menge vorhanden. Die Industrie muss jetzt umdenken und auf nachhaltige Materialien umstellen“, so Strietzel.

Er warnt: „Ohne eine funktionierende Kreislaufwirtschaft wird der endliche Naturgips irgendwann aufgebraucht sein. Das hätte fatale Folgen – für Arbeitsplätze in der Gipsindustrie und im Tourismus, für die Verfügbarkeit der Produkte und für die einst wunderschöne Landschaft.“

 

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Hintergrund:

Südharzer Gipskarst:

Auf etwa 100 Kilometern Länge und bis zu zehn Kilometern Breite erstreckt sich die Südharzer Gipskarstlandschaft an der Südabdachung des Harzes. Hier finden sich vielfältige Karsterscheinungen wie Erdfälle, Dolinen, Höhlen und Bachschwinden, die in so hoher Anzahl auf engsten Raum einmalig in Europa sind. Das Gipskarstgebiet im Südharz ist das größte und bedeutendste Gipskarstgebiet in Mitteleuropa. Diese Besonderheit ist das Ergebnis von geologischen und klimatischen Prozessen, welche vor etwa 250 Millionen Jahren ihren Anfang genommen haben und bis heute andauern. Dadurch ist ein vielfältiges Mosaik an Lebensräumen entstanden, in dem unterschiedlichste Arten eine Heimat gefunden haben. Selbst Relikte der Eiszeit konnten hier bis heute überdauern. Zahlreiche gefährdete und seltene Arten sind hier zuhause. Dazu zählen mindestens sechzehn Fledermausarten, die besonders in den Karsthöhlen und alten Wäldern Unterschlupf finden. Die Wildkatze erreicht in der Südharzer Gipskarstlandschaft maximale Siedlungsdichten, denn reich strukturierte Buchenwälder dienen ihr sowie dem Uhu als Lebensraum. Zahlreiche Amphibien finden in den wassergefüllten Erdfällen, in Schluchtwäldern oder Quellsümpfen ihre Heimat.

Gips-Exporte:

Nicht unerhebliche Teile der deutschen Gipsgewinnung gehen in den Export. Nach Angaben des Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e.V. wurden in Deutschland im Jahr 2019 rund 59 % des Gips- und Anhydritsteins für die Herstellung von Gipserzeugnissen für den Bau und etwa 28 % für die Zementherstellung verwendet. Weitere 13 % gingen in den Export. Vom erzeugten REA-Gips gingen im selben Jahr etwa 72 % in Gipserzeugnisse für den Bau, etwa 21 % in den Export und rund 4 % in die Zementherstellung. Die weiteren Anteile wurden in anderen Bereichen beispielsweise als Füllmaterial im Landschaftsbau, eingesetzt (BBS 2022). Quelle: „Deutschland – Rohstoffsituation 2021“, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Dezember 2022 (abrufbar unter https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Min_rohstoffe/Downloads/rohsit-2021.pdf;jsessionid=E5C4E06E42BE014CEF6C0692FF785E70.internet952?__blob=publicationFile&v=4)

 

Pressekontakt:
Anne Werner und Kerstin Neumann, Referentinnen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: 0361 5550314, Mobil: 0176 13338564 oder 0176 13338510, E-Mail: presse(at)bund-thueringen.de

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Die Gipskarstlandschaft Südharz ist ein weltweit einzigartiger Hotspot der Artenvielfalt. Hier finden sich eine Vielfalt an Karstphänomen und Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Trotzdem baggert sich die Gipsindustrie mit schwerem Gerät weiter in die unersetzbare Landschaft. Helfen Sie uns, die Menschen vor Ort aufzuklären und die Gipskarstlandschaft vor weiterem Raubbau zu schützen.

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