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Industrie, Dürren, Kalamitäten - Druck auf heimische Buchenwälder wächst

29. Juni 2023 | Wälder

Possenwald  (Thomas Stephan)

Anlässlich der Diskussionen um die Klimaschutzwirkung alter, nutzungsfreier Wälder, wie sie derzeit immer wieder in verschiedenen Foren und Veranstaltungen unter Beteiligung der holzverarbeitenden Industrie aufkommen, konstatiert der BUND Thüringen eine immer weniger faktenbasierte Diskussion, vor allem im Hinblick auf naturschutzfachliche Fragestellungen. Zudem wird sich eines Klimaschutznarrativs bedient, um den Schutz des Waldes in Frage zu stellen. Diesem zufolge seien alte Bäume aufgrund ihrer geringeren CO2-Bindung und dessen Freisetzung nach dem Absterben weniger bedeutsam für den Klimaschutz. Erkenntnisse zur Bedeutung alter und ungenutzter Wälder bei der Stabilisierung des Klimas und des gesamten Ökosystems Wald werden dabei ausgeblendet oder sogar wegargumentiert. Die aktuellen Debatten um den Rohstoff Holz begrüßt der BUND dabei jedoch ausdrücklich.

 

Hierbei ist es wichtig, einen differenzierten Blick einzunehmen, um den Nutzen alter Wälder für die Klimabilanz ermessen zu können. Richtig ist, dass sehr alte Wälder weniger CO2 speichern als junge Wälder. Dies gilt allerdings nur für die jährliche CO²-Bindung. Insgesamt speichern alte und vorratsreiche Wälder aber mehr Kohlenstoff als junge Wälder, weil hier die Holzmenge und damit der Kohlenstoffspeicher ober- und unterirdisch viel größer ist. Sie leisten deshalb einen enormen Beitrag für den Klimaschutz, der dem bewirtschafteter Wälder nicht nachsteht. Hinzu kommt die große Bedeutung alter Laubwälder für die Biodiversität, den Bodenschutz durch Humusaufbau und für das Mikroklima.

 

Das häufig hervorgebrachte Argument, dass der Anteil der heimischen Holzernte erhöht werden müsse, um die Holzgewinnung in anderen Gebieten der Erde zu minimieren, greift zu kurz und ist vorgeschoben: Beispielsweise findet nur etwa 10 Prozent der Abholzung im Regenwald aufgrund des Rohstoffes Holz statt. Der Großteil der Fläche wird für Sojaanbau und Viehhaltung geopfert. „Wenn wir die globalen Auswirkungen unseres Wirtschaftens in den Blick nehmen, gibt es andere, effektivere Hebel, um der Klimakrise entgegenzutreten, beginnend bei der industriellen Tierhaltung“, sagt Sebastian König, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen.

 

Der BUND Thüringen fordert deshalb einen Paradigmenwechsel in der Forstwirtschaft. Ziel sollte sein, die unterschiedlichen Ansprüche an das Ökosystem Wald zu berücksichtigen und zu priorisieren. Das heißt: Ja zur Holzverwendung und Ja zur Holzernte. Aber auch Ja zu mehr Biodiversität im Wald. Ja zu Humusaufbau und zu resilienten Wald-Ökosystemen. Konkret bedeutet dies: Weniger Holz industriell zu verbrennen, langlebige Holzprodukte in den Fokus zu rücken, Holz als Wertstoff angemessen zu nutzen (Kaskadennutzung) sowie Holzproduktion und Schutz der biologischen Vielfalt durch angepasste, multifunktionale Nutzungssysteme zu verbinden.

 

Dazu weiter Sebastian König: „Dem berechtigten Interesse der Holzindustrie an heimischer Buche kann nur bis zu einem gewissen Grad nachgekommen werden. Holz wächst nur an Holz. Deshalb ist es wichtig, vorratsreiche Wälder zu schaffen und entsprechend schonend zu bewirtschaften.“

 

Der für Deutschland typische Laubmischwald stellt zudem weltweit gesehen eine Besonderheit dar: Nur in Mitteleuropa und einigen Gebieten in den USA und Asien finden wir diesen vor - weshalb es so wichtig ist, ihn zu schützen und die Bewirtschaftung entsprechend zu spezialisieren.

 

„Anlässlich der aktuellen Situation eines akuten Waldsterbens und des damit verbundenen Rückgangs der Produktivität, sollten wir nicht darüber diskutieren, ob weniger Wald geschützt werden muss und die Einschlagszahlen steigen müssen. Momentan können wir uns nur auf die Schadensbewältigung fokussieren. Jetzt noch gesunde Laubmischwälder intensiv zu durchforsten, schadet mehr, als dass es hilft“ warnt Frank Henkel, Waldexperte beim BUND Thüringen. „Szenarien, wonach dem Thüringer Wald bald ähnliche Zustände wie im Harz bevorstehen, sind leider zu erwarten“, schließt Henkel und mahnt zu einer umsichtigen Forstpolitik.

 

Weitere Informationen:

MDR Thüringen-Interview mit BUND-Waldexperte Frank Henkel zum Thema „Wie retten wir unseren Wald?“

Waldstrategiepapier des BUND Thüringen

 

Ansprechpartner:
Sebastian König, 0361/5550312, s.koenig(at)bund-thueringen.de

Pressekontakt:
Anne Werner | Kerstin Neumann, 0361/5550314, Mobil: 0176 13338510, presse(at)bund-thueringen.de

 

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